Im dritten Prozess nach den Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Indern während des Mügelner Altstadtfestes vergangenen Jahres hat das Amtsgericht Oschatz, gestern ein Urteil gefällt. Der 22-jährige Angeklagte, Holger S. erhält eine Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewehrung wegen Volksverhetzung. Die Verteidigung kündigte unmittelbar nach der Verhandlung an, in Berufung zu gehen. Der Vorsitzende Richter, Klaus Denk, sah es als erwiesen an, dass der Elektrohandwerker aus der Nähe von Oschatz in der Nacht vom 18. auf den 19. August 0.30 Uhr inmitten einer Menschenmenge gelaufen sei und ausländerfeindliche Parolen gerufen habe. Beim Marsch in dem aufgebrachten Mob habe S. zwar nicht die Rolle eines Anführers eingenommen. Wohl aber habe er mit seinen Rufen deutlich zur aufgeheizten Stimmung beigetragen. Der Angeklagte nahm das Urteil mit Kopfschütteln zur Kenntnis. Strafverteidigerin Ines Kilian aus Dresden kündigte weitere juristische Schritte an. „Ich kann das Urteil beim besten Willen nicht nachvollziehen“, sagte die Rechtsanwältin. Der eigentliche Vorwurf der Leipziger Staatsanwaltschaft gegen den Angeklagten sei nicht Gegenstand des Urteils gewesen, welches das Amtsgericht jetzt gefällt hat. Der Elektrohandwerker wurde ursprünglich beschuldigt, in einem aufgebrachten Mob vor der von Indern betriebenen Pizzeria Picobello in Mügeln rechtsradikale Parolen skandiert zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte S. in diesem Zusammenhang einen Strafbefehl zustellen lassen mit der Auflage, eine Geldstrafe von 2.625 Euro zu zahlen. Gegen diesen Strafbefehl war der 22-jährige in Widerspruch gegangen, weshalb es jetzt zur mündlichen Verhandlung kam. Bei der Urteilbegründung ordnete das Gericht den Elektrohandwerker nicht der Gruppe von Aufgebrachten zu, die unmittelbar vor der Pizzeria stand, Gegenstände auf deren Fensterfront warf, Parolen rief und schließlich versuchte einzudringen. „Der Angeklagte gehört vielmehr zur der – wie es die Mügelner bezeichnen- Gaffer-Gruppe, die später zu der Menschenmenge vor dem Restaurant hinzukam“, sagte Richter Denk. Selbst Menschen, die nicht direkt vor der Pizzeria gestanden hätten, hätten mitbekommen, welche Art von Ereignissen sich dort abspielten. Die Pizzeria liege unmittelbar in Marktplatznähe. „Und hier sprechen wir von einem Dorfmarkt – nicht vom Marktplatz in Dresden.“ Beim Marsch in der Gaffer-Gruppe vom Marktplatz in Richtung Pizzeria habe der Angeklagte rechtsradikale Parolen gerufen. S. wehrt sich jedoch gegen die Darstellung, vor dem indisch geführten Restaurant gestanden und rechte Sprüche skandiert zu haben. So ließ der Angeklagte am ersten Verhandlungstag in der vergangenen Woche eine Erklärung von seiner Anwältin verlesen. Darin räumte er ein: „Ich kann nicht ausschließen, dass ich „Bambule, Randale, Rechtsradikale“ gerufen habe.“ Er sei in der Festnacht angetrunken gewesen und könne sich deswegen kaum an die Ereignisse erinnern, wohl aber, dass er in einer Menschenmenge marschiert sei. Zwei Zeuginnen hätten S. mit ihren Aussagen deutlich belastet. / OAZ 15.01.2008
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