Die Ermittlungsergebnisse füllen dicke Ordner, die sich auf der Seite der Staatsanwaltschaft und bei der Verteidigung auftürmen. Angeklagt ist ein 32-jähriger Mitarbeiter der Chemischen Werke Kluthe in Mügeln. Er soll verantwortlich sein für den Tod zweier Mitarbeiter und die Verletzungen eines dritten. Ausgangspunkt: eine Explosion am 16. Dezember 2004 in dem Chemie-Unternehmen, die beim Recycling von chemischen Stoffen ausgelöst wurde. Gestern begann die Verhandlung vor dem Amtsgericht Oschatz. 14 Zeugen sind für den ersten Verhandlungstag geladen, darunter Ehefrau des am Tatort verstorbenen Mitarbeiters – sie ist ebenfalls bei Kluthe beschäftigt – sowie der ehemalige Mitarbeiter, der das Unglück überlebt hat. Vorgeworfen wird dem Mitglied der Geschäftsleitung fahrlässige Tötung in Tateinheit mit einer Sprengstoffexplosion, Brandstiftung und Körperverletzung. Um dem Angeklagten die Schuld nachweisen zu können, müssen Produktionsprozesse erläutert werden, logistische Fragen, betriebliche Absprachen und Verantwortlichkeit. Das Schöffengericht unter der Leitung von Amtsgerichtsdirektor Klaus Denk sowie Staatsanwalt Dr. Korth, Verteidiger Dr. Creutz, der Verteidiger der Nebenklage A. Pfeilsticker und der Sachverständige I. Ibendorf haben die Frage zu klären, wie es zu einem Lösungsmittel-Luft-Gemisch kommen konnte, das zu der Detonation führte. Weitere Fragen: Waren die explosiven Behälter immer für alle Mitarbeiter erkennbar beschildert – zum Beispiel mit „giftig“ oder „leicht entzündbar“? Durfte der Stoff in den Fässern überhaupt weiterverarbeitet werden? Das wiederum hätte eine vorherige Untersuchung der Chemikalien durch das Betriebslabor vorausgesetzt. Der leitende Mitarbeiter des Betriebes zieht es vor, sich nicht zur Sache zu äußern. Das übernimmt sein Anwalt Dr. Creutz für ihn. Dem Kripobeamten, der die Ermittlungen zu diesem Fall geführt hat, wirft Creutz vor „keine entlastenden Argumente“ untersucht zu haben, wogegen sich der Kripo-Beamte wehrt. Der junge Mann, der dem Inferno knapp entgangen war, saß zu Zeitpunkt der Detonation auf einem Gabelstapler und wurde durch die Wucht nach draußen geschleudert. Dort wachte er später auf – mit Verbrennungen im Gesicht und den Händen und war ein halbes Jahr arbeitsunfähig. Er bestätigt, das die Fässer zum Recyclen auf zwei Standorten deponiert waren. „Die unter dem Schleppdach waren nicht gekennzeichnet“, sagte er. Außerdem erklärte er, dass manchmal Restposten mit untergemischt worden seien. „Vielleicht war auch etwas falsch gekennzeichnet“, mutmaßte er. Die Ehefrau des Mitarbeiters, der bei der Explosion verstarb, ist Produktionsleiterin. Sie erklärt, dass es sich bei den Stoffen aus dem Betrieb um bekannte, aus ihrer Sicht ungefährliche, Chemikalien gehandelt habe. Außerdem sei der Angeklagte über die interne Entsorgung informiert gewesen. „Auf einem Etikett stand, was drin ist. Wenn ich die hinstelle, gehe ich davon aus, dass sie weiterverarbeitet werden. Die Verhandlung wird fortgesetzt / OAZ 22.06.2007
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