Online-Storchenchronik der Stadt Mügeln
 

 

                   
Fabeln und Sagen

Der Frühlingsbote….. „Am Tage, wo die Störche ins Dorf kamen, blitzte der Frühling durch Regen und Schnee…“

Als Frühlingsbote sehnsüchtig erwartet, wurde der Storch oft jubelnd begrüßt. So soll es in einigen Gegenden Deutschlands und der Schweiz Brauch gewesen sein, dass ein Turmwächter die Ankunft des Storches anblies.

 

Der Kinderbringer

„Storch, Storch, Du Guter, bring mir einen kleinen Bruder! Storch, Storch, Du Bester, bring mir ne kleine Schwester! Klapperstorch, Langbein, bring´ nen Bruder und ein Schwesterlein!“

Sangen früher die Kinder und legten, um den Storch zu locken, oft noch ein Stückchen Zucker auf´s Fensterbrett, in der festen Überzeugung, der Storch habe mit dem geheimnisvollen Rätsel der Menschenherkunft zu tun.

Das „Storchenmärchen“ scheint erst im 18 Jh. In Erscheinung getreten zu sein. Der Legende nach soll der Storch die Kinder aus einem Brunnen holen und anschließend die Mutter ins Bein beißen, damit sie ins Bett muss, in welches er dann das Kind legt.

Die Herkunft dieser früher vor allem in Norddeutschland verbreiteten abergläubischen Vorstellung ist unbekannt. Es gibt lediglich Vermutungen. Laut Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens scheint der Ausdruck „Der Storch hat die Mutter ins Bein gebissen“ auf die mythologische Vorstellung von der Geburt aus dem Bein zurückgreifen“. Das Bild vom „Kinderbrunnen“ resultiert mögli-cherweise aus der Vorstellung, dass sich die Ungeborenen im Wasser aufhalten. Der Glaube, alles Leben komme aus dem Wasser, ist auf der ganzen Welt heimisch.


Bringen Störche wirklich die Babys?

Wohl kaum! Aber fest steht, dass der Storch schon seit jeher als "Kinderbringer" angesehen wird, wie sich auch an seinem Beinamen "Adebar" ablesen läßt (siehe Oben).

Sicherlich hat die Legende vom Klapperstorch etwas damit zu tun, dass dieser jedes Frühjahr wieder in seine Brutgebiete zurückkehrt, und dadurch mit der alljährlichen Wiederbelebung der Natur assozi-iert wird. Sein sehr freizügiges Sexualleben - Störche paaren sich zum Teil mehrmals in der Stunde, und dann auch noch vor aller Augen in der Öffentlichkeit - tat sicherlich sein übriges, um den Storch als Symbol der Fruchtbarkeit erscheinen zu lassen. Und weil sich Eltern schon immer gerne vor der unangenehmen Frage ihrer Kinder nach dem Kinderkriegen drücken wollten, musste dann eben Meister Adebar herhalten.

NABU Michael Otto Institut.


     
   
     
   

Das Fabeltier…..Fabeldichter haben entweder in Versform oder in kurzen Erzählungen in kunstvoller Art und Weise der unbeseelten Natur und den Tieren Vernunft und Sprache verliehen, um menschliche Verhaltensweisen und Eigenschaften zu entlarven.

Aesop (verm. 6 Jh. V. Ch.) gilt als Vater der europäischen Fabel. Seinem Fabelschatz ist folgende Geschichte entnommen:

Der Fuchs und der Storch

Herr Fuchs wollte sich einen vergnügten Abend bereiten; und zwar machte er es auf diese Weise:

Er lud den Storch freundlich zum Abendbrot ein, bereitete eine sehr schmackhafte Suppe, brachte diese aber in einer ganz flachen Schüssel auf den Tisch. Der Storch konnte natürlich mit seinem langen Schnabel nicht von der flachen Schüssel wegbekommen und mußte trübselig zusehen, wie sein Wirt sich die Suppe schmecken ließ.

Nicht lange darauf bat nun der Storch den fuchs, ihn zu besuchen. Und siehe, da setzte er ihm die Mahlzeit in einer Flasche mit langem, engem Halse vor. Mit Leichtigkeit steckte der Storch seinen Schnabel in die Flasche und lobte die feine Brühe, während der Fuchs wütend und hungrig da saß und vorgab, keinen Appetit zu haben, denn er konnte die Schnauze unmöglich in die Flasche hineinbringen.

       
 


„Vom weißen Storchen im deutschen Land"
von Klaus Ruge

„Was schallt durch alle Straßen horch!

Der Storch, der Storch!
Und stattlich tritt auf den Altarn
der Stadttrompeter, und fängt an
zu blasen aus wahrer Herzens Lust.
Es eilt sein Weib im schnellsten Sprung,
zu holen den köstlichen Ehrentrunk,
den der Stadtkellner seit alter Zeit
ihr für die frohe Botschaft beut."

Im 17. und 18. Jahrhundert war es in manchen Städten Brauch, dass die Turmwächter die ersten Störche mit Trompetenschall empfingen. In den Stadtschulen wurde der Unterricht abgebrochen, und die Kinder verbreiteten die Botschaft von der Ankunft des Frühlings und erhielten dafür Süßigkeiten und Kekse.
Störche galten als Boten des Glücks, und der niederdeutsche Name Adebar wird als Glücksbringer gedeutet. Die Menschen brachten Wagenräder auf dem Dach an, um den Störchen den Nestbau leichter zu ma-chen. Ein Storchennest auf dem Dach schützt vor Blitz und Feuer. Wenn die Störche auf dem Nest mit ihren Schnäbeln klapperten, sagte man in der Schweiz, sie sprächen ihr Abendgebet.
Störche sind aber für allerlei abergläubige Vorstellungen gut. Die Bauernregel sagt, wenn der Storch nach langer Trockenheit auffallend schmutzig ist, dann gibt es in Bälde Regen. Reisen die Störche früh ab, ist nach dem Glauben der Basler ein früher Winter zu erwarten. Haben die Störche aber mit dem Abzug keine Eile, lässt auch der Winter auf sich warten. Sieht man den ersten Storch des Jahres, sollte man Geld in der Tasche haben, dann nämlich geht es das ganze Jahr über nicht aus.

In alten Schriften wird das Fleisch des Storches als ungenießbar bezeichnet. Afrikaner, die Störche schießen und essen, werden das kaum bestätigen können. Doch in der Volksmedizin spielte der Storch in früherer
Zeit eine große Rolle. Die Ärzte des klassischen Altertums schrieben einem Sud aus Storchenmagen eine große Heilkraft zu. Storchenteile und Innereien wurden zu Medizin verarbeitet. Wer Storchenblut trinkt, heißt es, erzielt ein langes Leben.

All diese Dinge mögen uns heute als etwas befremdlich und eher grausam anmuten. Da ist uns die Rolle des Storches als Kinderbringer sympathischer. Und Kinderbringer und Glücksbringer, das liegt ja auf der gleichen Linie. Allbekannt ist der Kinderreim
„Storch, Storch guter
bring mit einen Bruder.
Storch, Storch bester
bring mir eine Schwester."
Im Erzgebirge bringt der Storch die Kinder aus dem Teich. Die artigen Knaben und Mädchen auf dem Rücken, die bösen Jungen im Schnabel. In Böhmen lässt der Storch die Kinder durch den Rauchfang fallen, wo die Hebamme sie auffängt. Brütet er auf dem Hause eines jungen Paares, dann bekommt das so viele Kin-der wie der Storch Junge hat.
Im Volksglauben halten sich das Storchenmännchen und das Storchenweibchen ihr Leben lang die Treue. Die Störche heißt es, dulden es nicht, wenn ein Weibchen ein anderes Männchen nimmt. Über den Treuelo-sen halten sie strenges Gericht. Eine Sage berichtet: Es war an einem Sonnabend des Jahres 1355, als gegen Abend eine große Anzahl Störche in der Stadt Kreuzburg ankamen. Alle Kirchendächer, alle Türme und Häuser waren mit ihnen bedeckt. Die Kreuzburger wunderten sich und rätselten, was dies wohl zu be-deuten habe. Sie erfuhren es am nächsten Tag.
Als nämlich die Glocke zur Messe geläutet wurde, machten sich alle Störche auf und flogen vor die Stadt auf eine Wiese. Die Leute folgten ihnen und sahen, dass die Störche sich in zwei Gruppen teilten. So, als woll-ten sie beraten. Als die Störche nach einiger Zeit wieder davonflogen, fand man drei tote Störche auf der Wiese, und einige Leute, die besonders gut unterrichtet zu sein glaubten, erzählten, dass sich die drei Stör-che des Ehebruchs schuldig gemacht hätten und nun vom Storchengericht bestraft worden seien. In man-chen Gegenden Deutschlands, in Westfalen und Ostpreußen, erzählt man sich, die Störche lebten nur im Sommer als Vögel. Im Herbst zögen sie in fremde Länder – in Länder, wo sie zu Menschen würden.

Kinderlieder vom Storch

Auf unsrer Wiese gehet was
© Detlef Cordes

Klapp, klapp, klapp: klappe die klapp.
Schnapp, schnapp, schnapp: schnappe die schnapp!

Auf unsrer Wiese gehet was,
watet durch die Sümpfe.
Es hat ein schwarz-weiß Röcklein an
und trägt rote Strümpfe.
Fängt die Frösche, schnapp, schnapp, schnapp!
Klappert lustig, klappe die klapp:
Wer kann das erraten?

Ihr denkt, das ist der Klapperstorch,
watet durch die Sümpfe.
Er hat ein schwarz-weiß Röcklein an
und trägt rote Strümpfe.
Fängt die Frösche, schnapp, schnapp, schnapp!
Klappert lustig, klappe die klapp:
Nein - es ist die Störchin!
Musik: Autoren unbekannt.
Text: Heinrich Hoffmann von Fallersleben und Rudolf Löwenstein.
© Diese Text- und Musikbearbeitung: Detlef Cordes.

Heute werden wir den alten Vorstellungen kaum noch Glauben schenken, sie allenfalls als liebenswerte Erzählungen betrachten. Und dennoch, es wäre gut, wir würden etwas von der Storchenverehrung in unsere Zeit retten. Und zwar so, dass wir Störche als Tierpersönlichkeiten achten, dass wir bereit sind, ihnen neben uns Lebensraum und Lebensrecht zu gewähren.