Online-Chronik der Stadt Mügeln
 

 

 

Zur wirtschaftlichen Entwicklung

Soweit sich die Spuren der Besiedlung unseres Gebietes verfolgen lassen, immer gibt es, wenn auch lückenhaft, Nachweise der Tätigkeit der Menschen und der wirtschaftlichen Entwicklung. Als im Jahre 1994 am Poetenweg die Sozialwohnungen entstanden, fanden Mitarbeiter des Landesamtes für Archäologie Menschen in unserer Region tätig waren, welche sich von Ackerbau und Viehzucht ernährten.
Beim Bau der 2000er Milchviehanlage auf Leubener Flur wurden Reste eines germanischen Dorfes ais dem 1. – 3. Jahrhundert n. u. Z. mit 42 Eisenschmelzöfen gefunden und der Sornziger Fund von 1977 weist auf eine „Mahlsteinindustrie“ im 8. – 13. Jahrhundert hin.
Als 1256 der Stadt Mügeln das Marktrecht verliehen wurde, bestand der Markt sicherlich schon einige Jahrhunderte. Die slawische Bevölkerung verstand sich auf die Landwirtschaft und den Fischfang. Weberei und Töpferei und bot ihre Erzeugnisse zum Tausch. Die Ortsnamen benachbarter Dörfer (Oetzsch von ovca = Schaf, Niedergoseln von kozel = Ziegenbock, Schrebitz von zrebe = Fohlen) lassen auf entsprechende Viehzucht und darauf schließen, daß auf dem Mügelner Markt auch frühzeitig mit Vieh gehandelt worden ist. Mit der Verleihung des Stadt- und Marktrechtes nahm auch das Handwerk seinen Aufschwung, das zwar durch Kriege und Seuchen (Pest) immer wieder zurückgeworfen wurde, aber stets zu neuer Blüte kam. 1453 erhielten die Fleischhauer als erste den Innungsbrief. Die Meister durften von da an „uffdie bencke slachten“, das heißt, in der schmalen Gasse zwischen dem Rathaus und der heutigen Buchhandlung , an einem gegen die Sonne geschützten Ort, bankwürdiges Fleisch verkaufen. Weitere Zünfte entstanden und selbst nach der verheerenden Pest im Jahre 1637 wurden noch 16 verschiedene Handwerke gezählt. Bereits vier Friedensjahre nach dem Dreißigjährigen Krieg waren 1652 bereits 26 Handwerke nachweisbar.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden in Mügeln 218 Häuser und 1045 Einwohner gezählt. Von ihnen blieb überliefert, daß sie sich teils vom Ackerbau, teils vom Handwerk (181 Handwerker habe es damals gegeben), sowie von den Vieh- und Jahrmärkten nährten. Unter den Handwerkern waren die Leineweber stark vertreten. Es gab 20 Meister in dieser Zunft, und viel rohe Leinwand wurde in die Druckerei nach Grimma geliefert.
Von den Mügelner Märkten war wohl der Stoppelmarkt zu Altmügeln der bekannteste und beliebteste. Er wurde bis 1977, wenn auch in ständig geringerem Ausmaß, Anfang September durchgeführt. Seit 1483 wurde er auf freiem Feld („Stoppel“) abgehalten. „Er fängt mittwochs in Neu-Mügeln mit Vieh, in Altmügeln mit Federn und Flachs an, dauert bis Sonnabend und ist voll von Waren aller Art, besonders von Schuhen, Leinewand, Böttcher- und Tischlerarbeiten“, so heißt es im Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen aus dem Jahre 1819.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts sind Riesa und Mügeln etwa gleich groß gewesen. Das Königreich steckte noch tief in den feudalen Fesseln, doch führte die Entwicklung der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse auch hier in der Mitte des 19. Jahrhunderts zur Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise. Der Bau der Eisenbahnlinien begünstigte die Entwicklung vieler Städte, doch Mügeln wurde davon zunächst nicht betroffen. Verschiedene Eingaben, besonders der Gewerbetreibenden, wurden an den sächsischen Landtag gerichtet. Mehrere Eisenbahnlinien, die Mügeln berühren sollten, standen zur Debatte. Dann wurde der Bau der Linie Döbeln – Mügeln – Oschatz genehmigt. Am 30.10.1884 fuhr der erste offizielle Zug von Döbeln nach Mügeln. Weitere Strecken folgten (1885 Oschatz – Mügeln, 1888 Mügeln – Wermsdorf – Neichen, 1891 1891 Oschatz – Strehla und 1903 der Anschluß des Kaolinreviers von Nebitzschen nach Kroptewitz).
Daß die meisten Mügelner Fabriken erst nach dem Eisenbahnbau gegründet wurden, ist sicher kein Zufall. Mit dem Übergang zum Monopolkapitalismus veränderten sich die Standortverteilungen der Produktion und die sich darauf aufbauenden Territorialstrukturen weiter. Die verkehrsmäßige Erschließung der neuen Industriestandorte war eine wichtige Voraussetzung. Die entstehenden Eisenbahnlinien konnten dabei die neuen Transportaufgaben am besten bewältigen.
Bereits seit 1838 hatte Mügeln eine Druckerei und mit dem „Mügelner Tageblatt“ auch eine eigene Zeitung. Noch vor dem Eisenbahnbau war 1872 – 79 die Schuhfabrik Schurig und Prüfer (heute Varia Color) entstanden.