Zinnschatz wurde 1831 bis auf sechs Krüge und zwei Leuchter
verkauft
Ü
ber die Zeit des 30jährigen Krieges hinweg, bis in das 18.
Jahrhundert muss sich die Kirchenmusik Mügelns auf einem sehr
hohen Niveau bewegt haben. Dies ist anhand des noch heute vorhandenen
Notenmaterials zu erkennen. So findet man auch in den Unterlagen
des Kantoreiarchivs, über die Jahrhunderte hinweg Hinweise über
die Anschaffung der Noten oder über das Abschreiben von Noten
und Stimmen.
So liest man unter anderem: Im Jahre 1596 „6 Schck. Dem
Herren Pfar gegeben, Partes in die Cantorey zu kaufen“ oder
1598 „1 schock 12g Caspar Hentzschel vor Parthes“.
So wurden allein in dieser Zeit, innerhalb von zwei Jahren 96 Groschen
für „Parthes“, Partien (Notenmaterial) ausgegeben.
Zu dieser Zeit eine enorme Summe.
Es gibt auch Hinweise von Schenkungen von Notenmaterial. Und es
wurden auch Noten und Stimmen abgeschrieben. Dies sind die Noten,
welche heute der Musikforschung Kopfzerbrechen bereiten.
Die damaligen Schreiber wussten, was abschreiben und verzichteten
in den meisten Fällen auf die Nennung von Titel und Komponisten.
Die in Fachkreisen bekannte Mügelner Notensammlung ist ein
besonderer Verdienst des ab 1906 in Mügeln wirkenden Kantors
Maximilian Weber. Er sicherte, säuberte und ordnete die von
ihm auf dem Kirchturm gefundenen Notenbände. Eine Arbeit,
welche sich über viele Jahre hinzog.
Ein weiteres interessantes Kapitel der Mügelner Kantoreigesellschaft
war der Zinnschatz. In einem besonderen „Zinnbüchlein“ wurden über
Jahrhunderte der Gegenstand, der Spender, das Jahr und die eingravierten
deutschen oder lateinischen Inschriften vermerkt. Dieser Zinnschatz
wurde über Jahrhunderte von den jeweiligen Organisten oder
den jeweiligen Kantoreivorstehern in ihren Wohnungen aufbewahrt
und versteckt. Die vielen Kriegsjahre mit ihren Plünderungen
und Bränden überdauerte dieser Zinnschatz.
Unter dem Kantorat des Kantors Gast wurde am 2. Juli 1831 der
Beschluss gefasst, den Zinnschatz bis auf sechs Krüge und
zwei Leuchter zu verkaufen. Der Erlös von 48 Talern, 7 Groschen
und 6 Pfennigen wurde in einem Feldgrundstück angelegt. Die
Pachtgelder sollten auf ewige Zeiten der Kantoreigesellschaft zur
Verfügung stehen.
Zu diesem Zeitpunkt bestand dieser Zinnschatz aus 152 Zinntellern,
14 flachen Zinnschüsseln, 17 tiefen Zinnschüsseln, inklusive
fünf Henkelschüsseln, sieben zinnerne Salzfässchen,
sechs Zinnkrüge, sechs Zinnleuchter, zwei Kupferkesseln und
einem Dreifuß. Das Gesamtgewicht war exakt ein Zentner und
50 Pfund = 75 kg.
Allein der Wert des Metalls war sehr groß. Von dem kultur-
und kunsthistorischem Wert ganz zu schweigen. Schon ganz kurze
Zeit nach dieser Glanzleistung sollen die wackeren Mügelner
Bürger ihre „Transaktion“ bitter bereut haben.
Die Kantoreigesellschaft war an der Kirche St. Johannis gegründet
worden, als an der Hauptkirche St. Marien in Altmügeln noch
ein katholischer Pfarrer tätig war.
Vierzehn Kantoren bis zum Zweiten Weltkrieg, ach Kantoren seit
1947 bis heute und insgesamt 19 Organisten, welche alle nebenberuflich
tätig waren, trugen in all diesen Jahrhunderten die Kirchenmusik
des kleinen Mügeln und Altmügeln weiter.
Denn über all die Jahrhunderte bis zur Trennung der beiden
Kirchen im Jahr 1856 lesen wir Schul-Collega und wohlbestallter
Cantor zu Alt- und Neu-Mügeln oder Cantor und Organist zu
Alt- und Neu-Mügeln.
Die Kantoren und Organisten waren für beide Kirchen angestellt.
Wie auch die Kantorei die Kirchenmusik in Altmügeln bestritt.
Findet sich doch auch im Musikarchiv Musik mit unterlegtem Text
direkt für den Altmügelner Stoppelmarkt geschrieben.
So ist es auch eine wunderschöne Sache, dass die Festwoche
wie in alten Zeiten an St. Johannis wie auch an St. Marien in Altmügeln
stattfand.
Günter Thiele (Rund um den Collm, 1996)
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