Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Gründung der Döllnitzbahngesellschaft zum Weiterbetrieb der Schmalspurbahn "Wilder Robert"

Vom Klicken und Surren hochmoderner Fotoapparate und Videokameras ließ er sich nicht die Ruhe nehmen. In weiße Dampfwolken gehüllt, schnaufte gestern der „Wilde Robert“ erstmals offiziell unter der Döllnitzbahn – Flagge von Oschatz nach Mügeln.

Die Betriebsgenehmigung Sachsens für die „erste nichtbundeseigene Eisenbahn öffentlichen Verkehrs“ im Freistaat übergab Staatssekretär Dr. Wolfgang Zeller dem Betriebs-Geschäftsführer der Döllnitzbahn Mescheder am Bahnhof Mügeln. Zeller betonte, dass sich der Freistaat auch künftig für die Erhaltung der Döllnitzbahn einsetzen werde. Der Hobby-Modelleisenbahner Ministerpräsident Biedenkopf stehe als „Garant für die Bahnen“.

„Ein bisschen gemogelt“

Gerhard Johannes Curth, Verwaltungs-Geschäftsführer der Döllnitzbahn, gab zu, dass mit der Betriebsaufnahme gestern „ein bisschen gemogelt“ wurde. Mit einer vorläufigen Betriebserlaubnis fährt die Bahn bereits seit dem 21. Dezember 1993 „Bisher haben wir geübt. Jetzt wollen wir Profis werden“, sagte Curth.

Unterstützung durch Kreis

Er hob die „bundesweit einmalige Unterstützung“ des Oschatzer Kreistages für das Projekt hervor. 345 Tausend Mark aus den Kassen des Landkreises decken 1994 das Defizit der Döllnitzbahn. Zusätzlich hat sich der Kreistag bei Aufnahme des Personenverkehrs auf der Schmalspurstrecke verpflichtet, den konkurrierenden Busverkehr einzustellen. Wann der erste Schienenbus rollt, ist noch unklar. Den Namen „Döllnitzbahn“, habe man in Anlehnung „an den größten Fluss“ im Landkreis gewählt. „Wilder Robert werden wir so lassen, weil der Landrat auch so heißt“, sagte Curth. Dadurch werde der Landrat an „seine Fürsorgepflicht für die Kleinbahn erinnert. In die Pflicht genommen wurde Schöpp bereits am Bahnhof Oschatz, wo er ein neues Döllnitzbahnschild enthüllte. Der Landrat betonte, dass der „schwach strukturierte Südkreis“ die Kleinbahn als Anziehungspunkt brauche. „Leider konnten sich die Abgeordneten von Naundorf und Schweta bisher nicht entschließen, dem Zweckverband beizutreten“, kritisierte Schöpp. Im Zweckverband sind derzeit der Landkreis und die Kommunen Oschatz, Mügeln und Ablaß vertreten. Hauptkunde der Döllnitzbahngesellschaft ist das Kaolinwerk in Kemmlitz. Geschäftsführer Karl-Heinz Jahn sagte gegenüber OAZ, dass im Januar 1781 Tonnen Kaolin auf der Kleinbahnstrecke transportiert worden seien. „Ungefähr genau so viel wie unter der Deutschen Reichsbahn“, verglich Jahn.

OAZ 09.02.1994