Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Das war das Mügelner Volksfest

Unser Mügelner Volksfest 1939 liegt nun hinter uns. Wie nach jedem Fest, so zieht man auch zum Volksfest die Bilanz. Ohne zu übertreiben: Man darf wohl mit vollem Recht von einem guten Verlauf dieser Veranstaltung in jeder Hinsicht sprechen.
Die Vorbereitungen sprachen schon an sich dafür, dass alles klappen würde. Und so war es denn auch. Die Organisation war mustergültig, so dass es daran nicht zu rütteln gibt. Hauptausschuss und Unterausschüsse waren mit ganzen und vereinten Kräften am Werke, ihnen zur Seite standen 117 Volksgenossinnen und Volksgenossen, die den Losverkauf und die Tombolagewinn –Ausgabe übernahmen. Für die Absperrung und den Saaldienst sorgte die Feuerwehr, während das Deutsche Rote Kreuz, Bereitschaft Mügeln, den freiwilligen Hilfsdienst übernommen hatte. All den freiwilligen Helfern, die sich der Veranstaltung zur Verfügung gestellt haben, auch an dieser Stelle herzlichen Dank!
In hohem Maße abhängig vom Wetter ist natürlich das Gelingen eines solchen Festes. Das schien zunächst Petrus durchaus nicht einsehen zu wollen, denn der Sonnabend fing bei dick – Wolkenverhangenem Himmel mit Regen an. Aber es klärte sich im Laufe des Tages wieder auf, so dass wir am Nachmittage und Abend ein durchaus annehmbares Wetter hatten. Das gilt auch für den Sonntag, der abgesehen von kurzen Gewitterschauern, dem Feste durchaus nicht abhold gesonnen war.
Mit dem annehmbaren Wetter war natürlich auch en starker Besuch des Festes verbunden. Nicht nur Mügeln war restlos vertreten, sondern auch die Landbevölkerung hatte die willkommene Gelegenheit für ein paar frohe Stunden ergriffen und nahm regen Anteil an dem Mügelner Volksfeste. Kein Wunder daher, wenn 3000 Festabzeichen und 7000 Lose umgesetzt wurden. Ein Erfolg, der sich sehen lassen kann!
So feierten wir das Mügelner Volksfest in der echten, alles umspannenden Volksgemeinschaft. Die beiden Tage gaben uns wahre Freude und ließen uns den Alltag einmal kurz vergessen. Aus dieser Festesfreude aber wollen wir von neuem Kraft und Stärke für unser alltägliches Wirken geschöpft haben und die Gewissheit hinnehmen, dass doch ein schöner Sinn in unserem Mügelner Volksfeste liegt, das altes Brauchtum zu neuen Leben erweckte, ein Brauchtum, das in der Heimat wurzelt und das uns nunmehr zu einem feststehenden Begriff geworden ist: Mügelner Volksfest!

Am Sonnabendnachmittag um 16 Uhr wurde das Fest mit einem Trompetenfinale eröffnet. Das war der Auftakt der nun frohen Stunden für jung und alt.
Nach Einmarsch der „Gladiatoren“, die der „Bischof Johann III. von Kittlitz“ vor dem Rathaus begrüßt hatte, setzte sich der große Werbeumzug in Bewegung, der vom Bauhof Grunert in der Wermsdorfer Straße seinen Anfang nahm. Die Böttcher in ihren bunten Trachten mit ihren alten Zunftssymbolen, Werkzeugen und handwerklichen Erzeugnissen marschierten unter den flotten Marschklängen der Kapelle Grüneberg durch die festlich geschmückten Straßen unserer Stadt.
Programmgemäß um 17 Uhr setzte dann das bunte Treiben auf dem Marktplatze ein. Fast ununterbrochen erfreute die Kapelle Grüneberg mit ihren munteren Werken, während die Losverkäuferinnen in Aktion traten. Die Jugend nahm die Gelegenheit des Stangenkletterns wahr, gab es doch dort oben in schwindelnder Höhe recht nette Preise für den mutigen Kletterer zu erhaschen. Die Erwachsenen aber fanden u. a. auch Kurzweil an den Schießbunden, die immer stark umlagert waren. Riesigen Absatz erzielten aber auch schon am Sonnabendnachmittag die Würstchenbuden und übrigen Verkaufsstände. Reges Interesse beanspruchten die Buden, in denen die Gewinne für die Tombola ausgestellt waren, galt es doch hierbei sich zu überzeugen, welch schöne Gewinne die Tombola mit sich Brachte. Ja, da gab es allerhand nette Sachen zu gewinnen. Kein Wunder, wenn um 18 Uhr 3000 Lose bereits ihre Käufer gefunden hatten. Ununterbrochen wogte nun auf dem Marktplatze das frohe Treiben fort. Je mehr der Tag zur Neige ging, je mehr Teilnehmer strömten herbei und nahmen teil am Feste. So konnte denn der Hauptverantwortliche für das Volksfest, Bg. Kantor Weber, eine große frohe Gemeinschaft bei der offiziellen Eröffnung des Festes um 20.15 Uhr begrüßen. Hierbei gab er seiner Hoffnung Ausdruck, dass bei Verständnis für das Fest jeder auf seine Kosten kommen möge.
Als Vertreter der Stadt sprach hierauf der Bürgermeister Bg. Albrecht. Er entbot zunächst allen seinen Gruß, der insbesondere den Landsleuten aus der Ferne galt Einmal im Jahre aber wolle man nach ernster Arbeit auch frohe Stunden begehen. Und das sei der Zweck des Volksfestes, denn gerade ein solcher Tag sei dazu berufen, froh zu sein in der großen Gemeinschaft aller. Volksfeste werden auch in Zukunft all jährig gefeiert werden. Eine besondere Stellung hierbei wird das kommende Volksfest 1940 einnehmen, das im Zeichen der 10 – Jahres – Feier der NSDAP, Ortsgruppe Mügeln, stehen wird. Diese Jubeltage fallen auf den 22., 23. und 24. Juni. Aus den frohen Stunden aber wollen wir Kraft und Stärke mit in den Alltag nehmen, um unsere Pflichten zu erfüllen gegenüber Volk und Führer, den man auch zu dieser Stunde grüßte.
Der Abend brachte Frohsinn bei Tanz und Unterhaltung auf dem Markte. Auch hierbei wartete die Chorvereinigung mit einigen Volksliedern auf. Trotz der abendlichen Kühle war der Marktplatz dicht besetzt, während andererseits auch in unseren Gaststätten ein Hochbetrieb herrschte.
Der zweite Tag unseres Volksfestes, der Sonntag, wurde mit musikalischen Darbietungen der Stadtkapelle um 11 Uhr eröffnet. Um 14 Uhr starteten dann die Belustigungen, wobei in erster Linie die Reitschule ihre Anziehungskraft auf die Kinder ausübte. Für 15 Uhr war der Aufzug der Reifentänzer, ihrer Gefolgschaft und der Meisterstochter vorgesehen. Schon lange vor der Zeit umsäumte eine unübersehbare Menschenmenge den Reifentanzplatz. Und dann folgte das Hauptereignis des Tages, das ja den Fest erst seinen tieferen Sinn gibt: der Reifentanz der Mügelner Böttcher. Wieder erlebten wir diesen Tanz in feinen 10 Unterteilungen, die jede für sich uns ein prächtiges Bild aus längst vergangenen Tagen übermittelte. Diese mit unendlicher Mühe eingeübte Hauptdarbietung des Weber und allen Reifentänzern schönster Lohn für alle Mühen sein möge.
In bunter Folge wechselten nun die verschiedensten Darbietungen miteinander ab. So trug die Schuljugend alte Handwerkslieder vor. Bei der „luftigen Überraschung“ gab es viel zu lachen. Außerordentlich großen Beifall fand der Puppenwagenkorso, der trotz des kurzen Regens zur Durchführung kam. Nicht minder gefiel auch der Mügelner Volkstanz in unserer heimatlichen Tracht, den Schulmädchen aufführten. Während einer kurzen Unterbrechung des frohen Treibens auf dem Markte überraschten Hölzigs Puppenspiele im Saale des „Roten Hirsch“. Hier waren die Kinder dankbarste Zuschauer, die mit ihrem Beifall wahrlich nicht geizten. Auf dem Podium des Festplatzes hatte sich inzwischen die HJ. Eingefunden, die mit frohen und heiteren Gesängen aufwartete, wie andererseits der Turnverein mit besonderen Übungen überraschte. Um 19 Uhr – ununterbrochen wogte das fröhliche Treiben weiter – startete im Ratskeller – Saale das berühmte Kakadu – Kabarett. Brechend voll war der Saal, dessen Balken sich vor Lachen der Besucher bogen, während im Hirsch – Saale nochmals Hölzigs Puppenspiele lustige Aufführungen für die Erwachsenen darboten. Auch hier war ein äußerst starker Zuspruch zu verzeichnen.
Nach Beendigung dieser Aufführungen fanden sich die Tanzlustigen in den Sälen des „Ratskeller“ und „Roter Hirsch“ zu frohen Stunden zusammen.
Offiziell klang das in allen Teilen Wohlgelungene MV mit dem Brillantfeuerwerk, das vor dem Rathaus abgebrannt wurde, den beiden kurzen Ansprachen der Bgg. Weber und Albrecht und dem Gesang der beiden Nationallieder aus.

Mügelner Tagesblatt 03.07.1939