Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Unser Postwesen


Einen Gradmesser für den wirtschaftlichen Aufschwung eines Ortes und für die Regsamkeit seiner Bewohner bietet der Einblick in die Arbeitsleistungen der öffentlichen Verkehrsanstalten. Es handelt sich dabei für das Mügelner Postwesen um gewaltige Zahlen, hinter denen aber für jeden , der zu lesen versteht, die mannigfaltigen Äußerungen des geschäftlichen und privaten Lebens einer tatkräftigen, arbeitsfreudigen und intelligenten Bevölkerung stehen. In der folgenden Tabelle sind die Zahlen eines zwanzigjährigen Zeit-raumes nebeneinander gestellt, wodurch sich ein Bild des wirtschaftlichen Fortschrittes in dieser Zeitperiode ergibt, der vollständig klar hervortritt, wenn man die Bewegung in der Bevölkerungsziffer kennt. Im Jahre 1892 hatte Mügeln ungefähr 2600 Einwohner, 1912 dagegen 3002, also eine Zunahme von 15,5%; die Ziffern des Postverkehrs weisen aber eine Zunahme von mehr als 100%, ja sogar bis 200% auf. Recht lehrreich ist weiter die Hinzuziehung von Vergleichsziffern, die den Postverkehr einer gleichgroßen Stadt A betreffen. Dieser Ort hat 3211 Einwohner und sieben größere Fabriken.

1892 / 1912 / Vergleichszahlen des Postamtes zu A für 1911

Beamte: 3 / 9 / 4
Unterbeamte: 8 / 15 / 10
Aufgelistete Briefe, Postkarten, Drucksachen und Warenproben: (St.) 207 300 / 442 200 / 281 400
Aufgegebene gewöhnliche Pakete: (St.) 215 300 / 556 200 / 288 000
Eingegangene gewöhnliche Pakete: (St.) 12 834 / 24 836 / 11 130
Eingezahlte Postanweisungen und Zahlkarten: (St.) 15 955 / 36 528 / 19 500
Betrag in Mk.: 13 817 / 32 879 / 14 500
Ausgezahlte Postanweisungen und Zahlkarten: (St.) 918 440 / 2 225 330 / -
Betrag in Mk.: 8 019 / 14 646 / 8 900
Eingegangene Nachnahmesendungen: (St.) 495 031 / 1 578 567 / -
Aufgegebene Nachnahmesendungen:(St.) 1 624 / 9 144 / 5 200
Aufgegebene Zeitungsnummern:44 031 / 194 256 / 67 550
Eingegangene Zeitungsnummern: 140 000 / 299 000 / 206 300
Aufgegebene, angekommene und im Durchgang beförderte Telegramme: 2 986 / 12 181 / 3 349

Die Zahlen der vorstehenden Zusammenstellung lassen auf reges geschäftliches Leben schließen, welches das Durchschnittsmaß weit überschreitet. Interessant ist die bedeutende Steigerung der nach auswärtigen Orten gehenden Exemplare des „Mügelner Anzeigers“. Nicht aufgenommen wurde in die Tabelle die Benutzung der Fernsprechvermittlungsstelle. Diese wurde im Jahre 1899 mit 19 Teilnehmern und 20 Fernsprechstellen eröffnet. Ende 1912 waren 141 Teilnehmer mit 178 Sprechstellen und 20 öffentlichen Sprechstellen angeschlossen. Durch das Vermittlungsamt wurden 1912 rund 190 000 Orts- und abgehende Ferngespräche vermittelt.
Diesem umfangreichen Betriebe der Gegenwart gegenüber war der Verkehr im Gründungsjahre 1828 ein mehr als bescheidener; aber die Errichtung einer eigenen Postexpedition war immerhin schon ein Fortschritt für Mügeln. Nach der Fertigstellung der ersten sächsischen Eisenbahnlinie Leipzig - Dresden wurde die Postverbindung eine bessere. Es ging täglich vom 06. Oktober 1840 ab die Oschatz - Leisniger Fahrpost vormittags 11 Uhr von Mügeln ab zur Eisenbahn bis Zschöllau. Die Fahrposten blieben bestehen, bis Mügeln selbst Eisenbahnstation wurde und daraufhin die Bahnpostverbindung am 01. Juni 1885 er-folgte.
Da das Postamt hier kein eigenes Gebäude besitzt, war es bis zum Jahre 1886 durch das Anwachsen des Verkehrs und durch andere Ursachen oft genötigt, sein Domizil zu wechseln. Am 01. Juli 1886 wurde das jetzige Gebäude bezogen, das dem Baumeister Eichler gehört. Seit dieser Zeit hat sich aber das Arbeitsgebiet der Post, wie aus der oben angeführten Zusammenstellung ersichtlich ist, derart erweitert, dass in nicht zu ferner Zeit an eine Vergrößerung der Diensträume gedacht werden muß. (Kurt Heinsius)