Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Gesunde Finanzlage der Stadt Mügeln

Der Fehlbetrag im neuen Haushaltsplan stark herabgedrückt. – Die letzte Stadtverordnetensitzung.

Die gestrige Sitzung unserer Stadtverordneten war nicht nur im Hinblick auf verschiedene Beratungsgegenstände sehr wichtig, sondern sie war auch eine historische Sitzung: ist sie doch die letzte Sitzung nach der alten Gemeindeverfassung gewesen!
Stadtverordnetenvorsteher Pg. Hergert eröffnete sie mit der Begrüßung des Stadtrates und der Presse und widmete sodann dem infolge Annahme eines städtischen Postens ausscheidenden Stadtv. Kurt Kramer herzliche Dankesworte für die geleistete Tätigkeit. Als erster Punkt der Tagesordnung wurden sodann 16.373 RM. Mehrausgaben nachverwilligt. Diese sind bereits bis auf 5.400 RM durch andere Einnahmen gedeckt. So z. B. werden 3828 RM für Lehrer – Überstunden vom Staate völlig zurück vergütet, 1868 Mehrausgaben für das Stadtbad konnten nur gemacht werden, weil die Chemische Fabrik Lipsia 2000 RM für das Bad stiftete und dergleichen.
Weiter lag ein Ortsgesetz über die Erhebung von Gebühren über die Schleusenbenutzung in der Stadt Mügeln vor. Vorsteher Hergert erklärte dazu, dass diese Schleusengebühr schon längst hätte erhoben werden müssen, denn jede Gemeinde mit einem Schleusenanschluss müsse solche Gebühren erheben. Die Gebühr diene hauptsächlich zur Schaffung einer Rücklage für die einmal zu bauende Kläranlage. Die auf Grund des Brandkassenwertes zu erhebende Gebühr setzt der Stadtrat fest. Obwohl die neue Gebühr eine Belastung für den Hausbesitz ist, müsse man bedenken, dass gerade jetzt die Mietzinssteuer gesenkt wird und dass der Zinsfuss ermäßigt worden ist. Auch die städtische Sparkasse ermäßigt den Zinsfuß.
Bürgermeister Pg. Albrecht bemerkte weiter, dass zunächst der Einheitswert als Vorlage vorgesehen war, dann aber der Brandkassenwert sich als praktisch herausgestellt habe. Es gebe in ganz Sachsen, ja wohl in ganz Deutschland keine Gemeinde mit Beschleusung ohne eine solche Gebühr. Die Schaffung einer Rücklage für Ausbau und Erneuerung der Anlage sowie eines Grundstocks für eine Kläranlage sein unerlässlich. Die neue Gebühr bedeute keine neue Last, sondern nur gerechte Verteilung der Last, die im Einzelnen auch minimal sei.
Das neue Ortsgesetz auf das wir noch zurückkommen werden, wurde hierauf einstimmig angenommen. Der nächste Punkt der Tagesordnung betraf die Heraufsetzung des Hundertsatzes für die Feuerlöschsteuer von 40 auf 120 Prozent.
Er macht sich nötig infolge der Amortisation für das neue Feuerwehr – Depot am Horst – Wessel – Platz. Zinsen sind dafür nicht aufzubringen. Bisher war die Feuerschutzabgabe ganz gering. Die Heraufsetzung wurde einstimmig genehmigt.
Im späteren Verlauf der Sitzung wurde aus entsprechendem Grunde der an die Freiwillige Feuerwehr zu zahlende Zuschuss von sechs Zehntel auf den alten Satz von vier Zehntel herabgesetzt.

Der letzte Punkt der Tagesordnung betraf die Beratung des städtischen Haushaltsplanes für 1935.
Vorsteher Pg. Hergert legte dazu folgendes Zahlenmaterial vor:
Das Gaswerk hat bei 8804 RM Einnahmen und 8748 RM Ausgaben 56 RM Überschuss. Das ist aber nicht der einzige Gewinn, sondern in den Ausgaben sind bereits 6400 RM. Gewinnzuführung an die Stadtkasse und 500 RM Rücklagen enthalten.

Das Wasserwerk hat 18.666 RM Einnahmen und 18.649 RM Ausgaben, sodass 17 RM Überschutz verbleiben. Auch hier sind in den Ausgaben schon 500 RM Gewinnabführung an die Stadtkasse, 2000 RM Körperschaftssteuer, die völlig der Stadtkasse verblieben und 1970 RM Zuführung an Rücklangen enthalten. 1600 RM sind zur Anschaffung für neue Wassermesser angesetzt, weil die alten unbedingt infolge ungenauer Registrierung ersetzt werden müssen.

Der Haushaltsplan weist sodann folgende Hauptkonten auf:

Einnahme Ausgabe Zuschuss od. Überschuss
1. Allgemeine Verwaltung 25.862 68.609 - 42.747
2. Polizeiverwaltung 1.830 14.009 - 12.179
3. Bauverwaltung 17.423 42.687 - 25.264
4. Betriebe u. Unternehmen 20.179 8.091 + 12.088
5. Volksbildung 6.854 17.609 - 10.755
6. Wohlfahrtspflege 33.220 79.980 - 46.760
7. Finanzverwaltung 153.163 74.111 + 79.052 258.531 305.096 - 46.565


Bei 258.531 RM Einnahmen und 305.096 RM Ausgaben entsteht also ein Fehlbetrag von 85.628 RM ist aber eine bedeutende Verbesserung eingetreten! Wir hoffen, so erklärte dazu Vorsteher Pg. Hergert, dass durch eiserne Sparsamkeit und durch erhöhte Einnahmen an Steuern infolge der Wirtschaftsankurbelung die Vorschätzungen bei den Einnahmen überschritten werden, sodass sich der Fehlbetrag noch wesentlich herabmindert.
Gegenüber dem Vorjahr ist bei der Allgemeinen Verwaltung eine Verschlechterung um 1.236 RM. Infolge anderer Gehaltseinstufungen usw. eintreten, bei der Bauverwaltung eine Verschlechterung um 2.500 RM, bei den städtischen Betrieben eine Verbesserung von 3.148, bei der Wohlfahrtspflege ebenfalls eine Verbesserung um 2.205 RM und bei der Finanzverwaltung eine Verbesserung von 38.118 RM, die sich hauptsächlich aus der Ankurbelung der Wirtschaft ergibt. Bei den übrigen Konten ist die Veränderung nur geringfügig.
Dabei ist zu bemerken, dass die finanzielle Lage der Stadt als durchaus gesund und günstig anzusehen ist. Denn die Stadt verfügt über ein Reinvermögen von 231.539 RM, wobei die Grundstücke der Stadt unter dem Friedensbrandkassenwert im neuen Zeitwert eingestellt sind.
Auch Bürgermeister Pg. Albrecht wies darauf hin, dass der Haushaltsplan unter Anwendung eiserner Sparsamkeit und unter größter Vorsicht aufgestellt worden ist. Gestrichen wurde, was wegfallen konnte. Dabei habe man sich stets vom allgemeinen Wohl leiten lassen. Aus den Verbesserungen ist der wesentliche Aufschwung erkennbar. Das Schmerzenskind bleibt die Wohlfahrtspflege, die hauptsächlich die Zuschüsse erfordert. Hier wird auch die Belastung der Gemeinden größer, weil die Zuflüsse vom Reiche ausbleiben. Nach eingehenden Darlegungen über die unheitvolle Auswirkung der Schwarzarbeit auf die öffentlichen Finanzen hegte der Redner die feste Zuversicht, dass es gelingen werde auch noch den Fehlbetrag des neuen Rechnungsjahres wesentlich herabzudrücken oder ganz zu beseitigen. Denn eiserne Sparsamkeit werde in allen Zweigen der städtischen Verwaltung geübt und mit Zuversicht können wir der Zukunft entgegen sehen.
Der Haushaltsplan wurde hierauf hin angenommen.

Mügelner Tagesblatt 29.03.1935