Vom
Turmbau zu Mügeln
Die Mügelner Johanniskirche wurde am Anfang des 16. Jahrhunderts
von Grund auf erneuert. Der Bau mag viel Geld gekostet haben, denn
man ließ den geplanten steinernen Westturm unausgeführt.
Dafür bekam das mächtige Dach einen hölzernen Dachreiter „ mit
langer, hoher Spitze“. Im Jahre 1693 zerstörte ihn der
Blitz. Ob er nun vollständig abgetragen oder mit Brettern
wieder notdürftig hergerichtet worden ist, lässt sich
nicht mehr nachweisen. Auf jeden Fall wollte man jetzt den Steinturm
bauen. Aber wie das so ist, andere Ereignisse treten dazwischen,
wie z. B. die schwedische Einquartierung im Winter 1706/07. Nach
dem Abzug der Schweden atmeten die Bewohner erleichtert auf, und
neue Hoffnung senkte sich in die Gemüter. Der Turmbau wurde
in Angriff genommen, aber so ein unpassendes, langes und spitzes
Ding sollte nicht mehr da oben kleben.Darum legte man – der
Gerichtsherr von Mügeln Johann Friedrich von Wolframsdorff
mag hier bestimmend gewesen sein – dem Landesbaumeister Daniel
Pöppelmann die Planung vor. Dieser fertigte Abriß und
Umschlag. Die Baukosten berechnete er auf 1600 Gulden. Über
soviel Geld verfügte nun die Kirchkasse nicht. Wohl besaß die
Kirche einiges Vermögen, aber die Zinsen gingen in der schweren
Zeit recht „schleimig“ ein, weil Mügeln und die
eingepfarrten Dörfer noch schwer unter den Folgen der schwedischen
Einquartierung zu leiden hatten. Da ließ man für den
Turmbau an verschiedenen Orten Geld sammeln. Damals war es einem
Menschen als große Sünde angerechnet worden, wenn er
nichts zu einem Kirchenbau gespendet hätte. So kam soviel
ein, dass man Holz und Bretter, Steine und Kalk kaufen konnte.
Auch Fuhrlöhne wurden von dem Gelde bezahlt. Nun kam aber
die Hauptsache, der Turm musste gebaut werden. Jetzt half alles
nichts, das Geld sollte durch eine Umlage in der Kirchgemeinde
aufgebracht werden. Jedes Mitglied hatte einen Gulden zu geben.
Den Armen traf es schwer, er hatte nicht soviel Geld, darum ermöglichte
man die Bezahlung in 3 Fristen. Weil nun die Umlage eine Sondersteuer
war, musste man die Genehmigung zum Einzug bei den Gerichtsherrn
der einzelnen Dörfer nachsuchen. Ein großer Teil von
Goseln gehörte zum Rittergut Leuben. Darum schrieb der Lehnherr
von Mügeln Johann Friedrich von Wolframsdorff an den Oberstallmeister
Hans Gottlieb von Thielau auf Leuben einen Brief. (im August
1709 bat er darin, eine Umlage der Eingepfarrten zu genehmigen).
Selbstverständlich gab der Herr Oberstallmeister seine Einwilligung
zur beabsichtigten Umlage. Mancher in Stadt und Dorf konnte den
Gulden nicht bezahlen und borgte bei jedem Termin die 8 Groschen
vom Nachbar. Aber Mügeln bekam seinen stattlichen Kirchturm,
und niemand denkt heute daran, wie schwer es war, ihn aufzubauen.
(Quelle: Hauptstaatsarchiv, Gerichtshandelsprotokolle Oschatz
Nr. 338 / niedergeschrieben von M. Hofmann, Niedergoseln – Mügelner
Anzeiger 1940)
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