Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Schuldirektor

Aus Anlass des Scheidens einiger sich um das Schulwesen unserer Stadt verdienstvoll gemachter Männer, und zwar der Herren Schuldirektor Kaden und des Herrn Oberlehrer Weßner, sowie des gleichfalls diese Ostern Mügeln verlassenden Kandidaten Herrn Kalich fand am Freitagabend im Ratskellersaale eine von Herrn Bürgermeister Börngen veranstaltete öffentliche Abschiedsfeier statt. Zahlreiche Freunde, Bekannte, sowie ehemalige Schüler der Schreibenden hatten sich hierzu eingefunden, um mit den sich in unserer Stadt allgemeinen Beliebtheit erfreuenden Herren einige fröhliche Stunden zu verleben. Nach Eröffnung und Begrüßung der Versammlung brachte Bürgermeister Börngen unter patriotischen Worten das erste Hoch auf unseren geliebten Landesherren, den allverehrten König Albert aus. Welches begeistert aufgenommen wurde. In der darauf folgenden Hauptrede feierte der genannte Redner die großen Verdienste unseres nicht nur aus dem Schulwesen, sondern auch den Mauern unserer Stadt scheidenden Herrn Direktor Kaden. Selbiger habe sein ganzes Können und Wissen in den Dienst der Schule gestellt und habe sein redliches Teil zur Hebung des hiesigen Schulwesens beigetragen. Zugleich mischten sich jedoch in die Gedanken der Liebe und Verehrung solche der Wehmut über seinen Fortgang von hier. Auch der Jahrzehnte langen erfolgreichen Mitarbeit unseren Herrn Oberlehrers Weßner widmete Herr Bürgermeister warme Worte der Anerkennung. Derselbe habe sowohl im Schul- als auch öffentlichen Leben für das Beste unserer Bevölkerung erfolgreich gewirkt und nicht zum wenigsten zur Hebung und Förderung des Interesses am und der Ausbildung der musikalischen Wesen beigetragen. Des von Ostern an in einen neuen Wirtschaftskreis tretenden Herrn Kandidat Kalich ward gleichfalls noch mit einigen herzlichen Worten bedacht. Selbiger sei zwar vielleicht den meisten Anwesenden persönlich nicht bekannt, er habe sich jedoch durch seine Bescheidenheit und sein liebenswürdiges Wesen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schule Anerkennung erworben. Zum Schluss brachte der Herr Redner den Scheidenden den Dank unserer Bürgerschaft, des Stadtgemeinderates und des Schulvorstandes dar unter dem Wunsche, dass ihr fernerer Lebensweg ein glücklicher und sonniger sei. Mit einem freudig aufgenommenen dreimaligen Hoch schloss Redner seiner Ansprache. Herr Oberlehrer Schubert feierte Herrn Direktor Kaden als Vorgesetzten sowohl auch als Kollegen, erwähnte dass hunderte ehemalige Schüler und Schülerinnen sich in Dankbarkeit seiner erinnerte, rühmte dessen Lehrgabe und Lehrfertigkeit und gab der Ansicht Ausdruck, dass der Name desselben mit unvermischbaren Zügen in die Geschichte unserer Schule eingezeichnet sei. Herr Direktor Kaden ergriff nach Gesang eines Liedes das Wort, um den Gefühlen dessen, was sein Herz so tief bewege, Ausdruck zu geben. Er danke herzlich für die seit Jahrzehnten ihm und seiner Familie entgegengebrachten Sympathien und er nehme nur äußerst schwer Abschied von den ihn so lieb und zur zweiten Heimat gewordenen Mauern unseres Städtchens. Die ihm nachgerühmten Verdienste müsste er jedoch zurückweisen, da er lediglich bemüht gewesen wäre, seine Schuldigkeit zu tun und dies sei Pflicht eines jeden. Die gesunde Entwicklung unseres Schulwesens sei nicht sein Verdienst, sondern liege in den Zeitverhältnissen, und in der Opferwilligkeit unserer Bürgerschaft und ihrer Vertreter. Er sage diesen darum an dieser Stelle nochmals seinen herzlichsten Dank für das stets gezeigt bereitwillige Entgegenkommen. Herr Direktor Kaden hoffe, dass sowohl ihm als auch den Seinen ein freundliches Andenken bewahrt bleibe. Er scheide ja nur halb, da das Herz immer zurückbleiben werde, Mügeln solle auch in Zukunft eine von Gott gesegnete Stadt bleiben, wachsen, blühen und gedeihen. Mit einem Hoch auf unsere Stadt Mügeln schloss derselbe. Herr Kantor Weller betonte, dass ein Direktor gewissermaßen der Stern oder der Leiter eines großen Ganzen sei, dass er jedoch zum gedeihlichen Entwickeln desselben auch Stützen brauche. Eine derselben sei der Herr Oberlehrer Weßner gewesen, welcher ihm persönlich sowohl in der Schule als auch Kirche treu zur Seite gestanden habe. Derselbe sein ein Jünger ohne falsch gewesen, habe stets gemeinnützige Bestrebungen unterstützt und sich als ein echter und rechter Kollege gezeigt. Herr Oberlehrer Weßner dankte hierauf in bewegten Worten für die ihm bereiteten Ehrungen. Er erklärte Mügeln als seine zweite Vaterstadt und teilte mit, dass dieselbe ihm so ans Herz gewachsen sei, dass er auch nach seinem Austritt aus dem Schuldienst den Ort selbst nicht verlassen könne. Im Übrigen müsse er die ihm zugeschriebenen Verdienste gleich dem Herrn Schuldirektor Kaden zurückweisen. Herr Kürschnermeister Kraus, einer der Schüler der beiden erstgenannten Herren, erinnerte sich der verlebten frohen und schönen Stunden, die ihm die Schulzeit gebracht und wünschte seinen alten Lehrern einen heiteren und sorgenfreien Lebensabend. Herr Lehrer Schneider äußerte sich im ähnlichen Sinne, begrüßte jedoch den Scheidenden Kalich mit einem frohen „Glück auf“ für seine Zukunft. Herr Ratmann Striegler wies darauf hin, dass wenn die Schule Zöglinge ins Leben hinausschickt, die sittlich rein, sowie tüchtig im Können sind, diese doch vor allen im christlichen Haus erst ihren Herrn finden. Das gute Beispiel in der Familie bereite erst den Untergrund für eine ersprießliche Lehrtätigkeit vor. In diesem Sinne brachte er ein Hoch aus. Herr Kandidat Kalich dankte für die ihm dargebrachten Ovationen. Herr Schneidermeister Adler gab als Bürger und Vater den sowohl den Kindern als auch Vereinen geleisteten großen Dienste der gefeierten Ausdruck. Herr Direktor Kaden ergriff nochmals das Wort um seinen Kollegen zu danken, welche ihn stets unterstützten, auf seine Maßnahmen mit Verständnis eingegangen wären und ihm selbst das Amt des Direktors zu einem angenehmen gestaltet hätten. Auch seiner früheren Schüler, die ihn an dieser Stelle begrüßt hatten, gedachte er, dabei erwähnend, dass die meisten allerdings hinaus in die Welt gezogen seien. Er wünsche denselben zu ihrem Vorwärtskommen das Beste und Freude an ihren Kindern. Er erwähnte, dass nicht die Schule der Hauptfaktor der Erziehung, sondern wie Herr Striegler richtig sagt, das Haus sei. Umgekehrt tue man der Schule unrecht, wenn man für ausgeartete Kinder dieselbe verantwortlich mache. Im Hause selbst sei es die Mutter, welche die ersten Keime der sittlichen und geistigen Bildung in die Herzen der Kinder pflanze. Herr Oberlehrer Schubert feierte Herrn Schuldirektor Kaden als den Born der Weisheit und Herrn Oberlehrer Weßner als den Born der Musik. Im weiteren Verlaufe wechselte noch manche fröhliche aber auch ernste Ansprache mit Gesängen in bunter Reihe ab. Nicht unerwähnt wollen wir das bereitwillige Mitwirken unserer beiden städtischen Gesangsvereine, des Männergesangverein und der Liedertafel lassen. Beide haben sich in bereitwilligster Weise in den Dienst der guten Sache gestellt und sowohl durch Einzel- als gemeinsame Vorträge zur Unterhaltung der Kommersteilnehmer beigetragen. Den scheidenden Herrn aber, welche so viele Jahre mit unserem öffentlichen Leben eng verbunden, Freud und Leid treu mit uns geteilt haben, rufen wir als Vertreter der gesamten Bürgerschaft an dieser Stelle ein „Habe Dank“ zu und verbinden zugleich den Wunsch, dass es ihnen vergönnt sein möge, nach ihrer langen Dienstzeit noch viele Jahre in Ruhe und Beschaulichkeit zu verleben.

Mügelner Anzeiger, 25. März 1902