Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Amtsgerichtsrat


Am 2. April 1913 vormittags ½ 12 Uhr wurde Herr Amtsrichter Dr. Reinhardt durch Herrn Landgerichtspräsidenten Reinhard aus Leipzig als Vorstand des Königlichen Amtgerichts Mügeln eingewiesen und verpflichtet. Der Einweisung wohnten außer dem Herrn Amtshauptmann Dr. Wach und dem Herrn Bürgermeister Börngen eine größere Anzahl Schöffen, Friedensrichter und Ortsgerichtspersonen und Gemeindevorstände bei. Herr Landgerichtspräsident Reinhard würdigte in seiner Ansprache vor allen das Vertrauen, das dem Eingewiesenen durch seine Ernennung zum Gerichtsvorstande von Sr. Majestät dem König und dem königlichen Justizministerium entgegengebracht wurde. Er wies ferner auf die Verschiedenartigkeit des Charakters der Gerichtseingesessenen der ländlichen Kreise gegenüber denen der Großstadt hin. Während die Bevölkerung auf dem Lande und in der Kleinstadt in überwiegender Zahl sesshaft sei, herrschte in der Großstadt mit ihrem Hasten und Treiben ein fast stetiger Wechsel unter den Gerichtseingesessenen. Diese Gegensätzlichkeit spiegele sich in vieler Beziehung auch in der Rechtspflege und insbesondere auf dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit wieder. Der Herr Präsident sprach die Überzeugung aus, dass es dem neu ernannten Herrn Gerichtsvorstand gelingen werde das gute Einvernehmen, das bisher zwischen dem Amtsgericht Mügeln und den Gerichtseingesessenen geherrscht habe, auch in Zukunft aufrecht zu erhalten. Diese Aufgabe würde dem Herrn Gerichtsvorstand durch die pflichttreue Beamtenschaft, die ihm zur Seite stehe, wesentlich erleichtert. Der Herr Präsident schloss seine Einweisungsrede mit dem Geleitwort von Goethe „Warum in die Ferne schweifen, sich das Gute liegt so nah, lerne nur das Glück ergreifen und das Glück ist immer da“. Weiter sprachen zur Begrüßung Herr Bürgermeister Börngen im Namen der Stadt Mügeln und für die Anwesenden, Herr Sekretär Wagner für die Beamtenschaft des Gerichts. Herr Amtsrichter Dr. Reinhardt versicherte in seiner Erwiderung, dass er sich nicht nur der treuesten Pflichterfüllung hingeben, sondern auch bestrebt sein werde, das gute Einvernehmen zwischen dem Gericht und der im Gerichtsbezirk eingesessen Bevölkerung zu erhalten und auszubauen. Nach der förmlichen Einweisung vereinigten sich die Teilnehmer zu einem einfachen Mittagmahle im Ratskellersaale.


Mügelner Anzeiger, 5. April 1913