Der Mügelner
Markt
Zurzeit wird auf unserem Markt in Mügeln „gebastelt“.
Für manche unserer Mitbürger ein Grund zu schimpfen.
Aber man muss sich von manchem Liebgewordenen trennen, wenn es
alt und mürbe wird. Wenn der Kandelaber einem von uns auf
den Kopf gefallen wäre, hätte uns das auch nicht gefallen,
denn da hätte man dann bestimmt keinen Zahnarzt mehr gebraucht.
Das Unterteil, der Brunnen, bleibt uns ja „Gott sei Dank“ erhalten!
Aus Anlass der Entfernung dieses markanten Teiles unseres Marktes
wollen wir uns einmal kurz mit unserem Markt beschäftigen.
Vollendung der planmäßigen Deutschgründung Mügelns
setzt man allgemein mit der Fertigstellung der Johanniskirche 1236
an. Diese Kirche war zugleich das beherrschende Bauwerk am Mügelner
Markt. Dieser Markt, welcher im Osten den heutigen Altmarkt mit
einschloss, im Westen genau die Ausdehnung wie heute hatte und
im Süden von einer geschlossenen Hauszeile begrenzt wurde,
hatte die stolzen Maße von 115x65 Metern. Nur wo heute das
Rathaus steht, soll sich eine Vogtei befunden haben. Alle anderen
Einbauten sind in den späteren Jahrhunderten aufgeführt
worden. So hat Mügeln heute einen so genannten Altmarkt und
einen Markt von etwa 55x45 Metern Ausmaß. Die letzte Verkleinerung
des Marktes hat es im 17. Jahrhundert gegeben, als man die Häuserzeile
von der Kirchgasse bis zum Stadtcafé erbaute und somit die
Mügelner Kirche versteckte.
Die Idee immer mehr Häuser in das Innere von Mügeln
zu bauen ist also schon viel älter als man denkt.
Architektonisch wertvolle Bauten sucht man am Mügelner Markt
vergebens. Dazu war Mügeln zu klein. Es gab kein Bürgertum
welches sich durch irgendwelche Prachtbauten verstelbständigt
hätte. In Mügeln wohnten Ackerbürger und Handwerker.
Wenn die Häuser verfielen oder abgebrannt waren, wurden sie
immer wieder nur mit den geringsten Mitteln wieder aufgeführt.
Architektonisch wertvoll wäre evtl. die Apotheke gewesen.
Das Dach wurde aber beim letzten Umbau auch nur mit den geringsten
Mitteln wieder hergerichtet. Und so verschwand das steile Mansardendach
mit seinen charakteristischen Gaupen. Über das Rathaus haben
wir schon genügend geschrieben. Die Umbauten von 1882 und
1934 haben ihm architektonisch auch nicht gerade genützt.
Charakteristisch für das ehemalige Mügeln, die gewölbten
Einfahrtstore des Brauhauses (Thälmannstraße, gegenüber
Apotheke) und des Gasthofes „Roter Hirsch“.
Beherrschend auf dem Mügelner Markt ist der Marktbrunnen.
Dieser „Marktbrunnen mit elektrischer Beleuchtungsarmen“,
wie dieses Bauwerk in den Mügelner Zeitungen von 1931 angepriesen
wurde, war ein Geschenk des Elektrizitätsverbandes Gröba
an die Stadt Mügeln. Die Stadt und vor allem der ehemalige
Bürgermeister Dr. Börngen hatten große Verdienste
um den E. V. Gröba. Und so war es zu diesem Geschenk gekommen.
Bei der Grundsteinlegung zu diesem Brunnen stieß man auf
ein Fundamen aus dem Jahre 1897. In diesem Jahre hatten die wackeren
Mügelner Bürger eine große Grundsteinlegung zu
einem Kaiser-Wilhelm-Denkmal durchgeführt. 1931 wurde die
dabei feierlich in das Fundament versenkte Kassette geöffnet
und veröffentlicht. Zum Bau des Denkmals war es nie gekommen.
Die flammenden Worte anlässlich des 100. Geburtstages Sr.
Majestät, des hochseligen deutschen Kaisers Wilhelm I., wollen
wir uns sparen. Aber des allgemeinen Interesses wegen wollen wir
die Namen der damaligen Mügelner Stadtverwaltung mit einfügen:
Bürgermeister
Karl Heinrich Theodor Börngen,
als Ratsmitglieder:
Bäckermeister Emil Striegler,
zugleich stellvertr. Bürgermeister,
Buchdruckereibesitzer Fedor Strahmer,
Tischlermeister Oskar Fischer
als Stadtverordnete:
Amtsstraßenmeister
Christian Friedrich Meinert,
Rentier Karl Gottfried Leuthold,
Lehrer Friedrich Wilhelm Landgraf,
Conditor Reinhold Christiani,
Dr. med. Alfred Klingner,
Apotheker Heinrich Conrad,
Schlossermeister Emil Bernhard,
Kaufmann Hermann Schurig,
Schneidermeister Reinhold Reimer,
Stadtkassierer war Herr Emil Schulze,
Sparkassenkassierer Herr Julius Grüneberger,
außerdem waren noch im städtischen Dienst: 1 Kontrolleur,
1 Registrator, 2 Schutzleute und 2 Schreiber.
Pfarrer war Herr Pastor Paul Kretzschmar. 554 Schulkinder besuchten
die mittlere Volksschule in Mügeln, welche von Direktor Daniel
Kaden geleitet wurde. Die Kinder wurden von 10 Lehrern, dem Kantor
Albrecht Weller und dem Organisten Oberlehrer Weßner unterrichtet.
Als Vorstand des Königlichen Amtsgerichtes Mügeln, welches
auf dem Kammergute seinen Sitz hatte, wirkte Herr Amtsrichter Arthur
Fiedler.
Vorstand des Kaiserlichen Postamtes Mügeln Herr Postmeister
Opel und als Vorstand der Königlichen Bahnverwalter Flemming.
Eigenartig mutet es uns heute an, dass die Post kaiserlich war.
Klempnermeister Kießig fertigte eine neue Hülse an,
zusammen mit neuen Urkunden, Verzeichnissen, Mügelner Zeitungen,
allen Sorten des ehemaligen Inflationsgeldes und einem Satz von
der Mügelner Bank gestifteten Meißner Porzellangeldes,
wurde dies in dem Fundament des Marktbrunnens versenkt.
Bürgermeister Eduard Arno Kern verschloss das Fundament und
so ruhen diese Schätze noch heute auf unserem Markt. Hoffentlich
noch lange.
Günter Thiele
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