Online-Chronik der Stadt Mügeln
 

 

St. Marien Altmügeln – eine alte sächs. Wallfahrtskirche

In Altmügeln (Krs. Oschatz) hat schon vor dem Jahre 984 eine der ältesten Kirchen Sachsens gestanden. Ihr Turm hat bis heute den Charakter der einstigen Wehrkirche aus jener Zeit bewahrt, in der unsere Gegend – nicht immer friedlich – christlich missioniert wurde. Die Kirche entwickelte sich im Mittelalter zu einem bekannten Wallfahrtsort, an dem die Gottesmutter Maria besondere Verehrung genoss. Die älteste der vier Glocken aus dem Jahre 1462 trägt noch die Inschrift: „Hilf Gott, Maria berat´!“ Damals übten die Bischöfe von Meißen als Herren über die „Müglische Pflege“ auch die Rechte und Pflichten an dieser Kirche aus. Der vergoldete Abendmahlskelch aus der Zeit um 1350, einer der kostbarsten Schätze der Kirche , stammt aus ihrem Besitz. Nachdem im Jahre 1430 die Hussiten die Kirche zerstört hatten, ließ sie der Bischof Johann VI. nach 1487 im spätgotischen Stil reicher als zuvor wieder aufbauen. Dazu ließ er für die Pfeiler, Simse, Gewände und Gewölberippen den schönen Rochlitzer Porphyr herbeischaffen. Jedoch schlug bereits 1536 der Blitz ein, und die Kirche musste wieder umfangreich repariert werden. Dabei erwarb sich der hiesige wohlhabende Bauer Paul Wagner großen Verdienst. Sein Renaissance-Gedenkstein – angefertigt vom Dresdner Bildhauer Christoph Walther – erinnert mit einer Inschrift in der Kirche an seine Stiftung von „hundert dicken Groschen“.

Mit der Einführung der Reformation (ab 1540) endeten zwar Wallfahrten und Marienverehrung, aber die Kirche behielt als geistliche „Mutter“ von 20 Dörfern und auch der Stadt Mügeln, die ihr als Filiale unterstellt blieb, Bedeutung für das ehedem große evangelische Kirchspiel. Das lebensgroße Bildnis des Gekreuzigten, die zinnerne Abendmahls-Weinkanne von 1659 und die kostbare Altarbibel von 1683 sind Zeugnisse dieser Zeit. Vor allem aber wurde im Jahre 1720 das Kirchschiff – wiederum nach einem Umbau, von dem das Gestühl erhalten ist – mit einer barocken Kassettendecke verschönert. In 42 farbigen Bildern illustriert sie das Neue Testament und ist das Meisterwerk des Oschatzer Malers Johannes Roßberg. Leider fiel im Jahre 1835 wertvolles Inventar der Kirche einer Modernisierung zum Opfer, die ohne historisches Verständnis vorgenommen wurde. So verkaufte man den gotischen Flügelaltar – er zeigte Maria mit dem Christkind und 16 Heiligenfiguren, alles geschnitzt und vergoldet – an ein Dresdner Museum, wo er im Bombenhagel des 2. Weltkrieges verbrannte. Infolgedessen wirkt der Altarraum heute nüchtern.

Der Schriftsteller Johann Gottfried Seume wanderte im Jahr 1801 durch Altmügeln und fand das idyllische Bild vor, das auf dem Stich von 1830 nach festgehalten ist. Er genoss die Gastfreundschaft des Pfarrhauses, das allerdings 1913 im schlichten Jugendstil neu erbaut wurde. In den Jahren 1983 – 1985 fand eine umfangreiche Außenerneuerung der Kirche statt. Jetzt erhebt sie sich wieder als anmutiges Bild aus der Döllnitzaue und lädt die Vorübergehenden zu lebendigen Auseinandersetzung mit dem Christentum ein, dessen immer wieder erneuerter steinerner Zeuge sie ist.