425 Jahre Kantoreigesellschaft in Mügeln
In Kürze wird es in Mügeln eine Festwoche geben. Die
Mügelner Kantorei feiert den 425. Jahrestag ihrer Gründung.
Am Osterdienstag des Jahres 1571 wurde die Mügelner Kantoreigesellschaft
gegründet. Es soll die sechsälteste Kantorei Sachsens
sein. Älter sind nur Oschatz (1540), Dresden (1548), Grimma
(1561), Rosswein (1567) und Lommatzsch (1570):
Verfolgt man aber die Geschichte bis in die katholische Zeit vor
der Reformation, als die Kantorei Mügeln, als Bruderschaft „corpus
christi“ in hoher Blüte stand, so soll es die älteste
Sachsen sein. Ob dies tatsächlich so oder es nur die zufällig
früheste Erwähnung einer Bruderschaft ist, sei dahingestellt.
Denn dies ist sowieso nur mit dem Wirken der Meißner Bischöfe
in Mügeln zu erklären. Denn Mügeln gehörte
zum Besetz der Meißner Bischöfe. Solch eine Bruderschaft
und eine auf so hohem Niveau gepflegte Kirchenmusik, wie sie aufgrund
des vorhandenen Notenmaterials nachvollziehbar ist, wäre sonst
in so einer kleinen Ansiedlung wie Mügeln nicht denkbar gewesen.
Deshalb etwas zur Vorgängerin der Kantoreigesellschaft.
Die älteste nachweisliche Erwähnung dieser Bruderschaft,
ist die bischöfliche Bestätigung einer Schenkung. „Wir
Thimo von Colditz, von Gots vnd des Stuls von Rome Gnaden Bischoff
zu Meissen, bekennen mit disen offen Brife … usw.. „das
wir geruthen, czu eygen vir scheffil ackers, den Gunther vnd sein
Weib, usw, usf.“ Ein Ehepaar Gunther hatte im Jahre 1405
zur Unterhaltung es ewigen Lämpchens vor dem Kruzifix, und
dem „heiligen Lichnam“, viel Scheffel Feld gestiftet.
In Mügelner Kirchenkreisen nannte man dieses Stück Feld über
Jahrhunderte den „Lampenacker“. In der Mügelner
Kirche besaß die Bruderschaft einen eigenen Altar, vor dem
das große Kruzifix stand, und das erwähnte ewige Licht
brannte.
Ein Vorsteher dieser Bruderschaft „corpus christi“ war
Melchior von Saalhausen, Herr auf Schweta, mit Oetzsch, Crellenhain,
Stennschütz usw. ein Verwandter des Meißner Bischofs
Johann VI. Denn dieser war auch ein „von Saalhausen“.
Und bestimmt nicht nur die umfangreichen Schenkungen an die Mügelner
Kirchen und die „ 300 Gulden-Schenkung“ an die Bruderschaft „corpus
christi“, welche im Jahre 1502 der päpstliche Beauftragte
Kardinal von Perauci bestätigte, werden ihm diese gesellschaftliche
Stellung gebracht haben, sondern auch die Fürsprache seines
bischöflichen Verwandten.
Bestimmt nicht zum Schaden der Bruderschaft. Nicht umsonst wird
die Bruderschaft ihrem verstorbenen Vorsteher das in der Mügelner
Kirche stehende Denkmal gesetzt haben. Auf das Wirken dieser Bruderschaft
oder Kantorei verweist u. a. auch ein Vermerk des Pfarrers Sinz.
Welcher in Unterlagen gefunden hatte, dass bereits im Jahre 1505
eine Frau Apothekerin in Mügeln mit der Kantorei begraben
wurde. Denn schon viele Jahrzehnte vor der Reformation wurden solche
Chöre, „Cantorei“ oder „ewige chantorei“ in
Städten, wie in Meißen, Wittenberg, Torgau oder Oschatz
benannt. Dass die für das kleine Mügeln sehr frühe
Einrichtung einer Kantorei ohne das vorherige Wirken der Bruderschaft „corpus
christi“ gar nicht denkbar gewesen wäre, sehen wir am Übergang
von der Bruderschaft zur Kantorei. Dabei war anscheinend das zähe
Festhalten an den katholischen Gepflogenheiten in Mügeln,
diesem Vorgang noch förderlich. Somit etwas zur Reformationszeit,
bis zur Gründung der Kantoreigesellschaft.
Der Meißner Bischof Johann VII. war ein eifriger Verfechter
der päpstlichen Lehre. Er war der erste Bischof, welcher den
Kirchenbann gegen Luther in den Kirchen verkünden ließ.
Einer seiner treusten Gehilfen soll der Sornziger Probst Adam Fritzsche
gewesen sein. Dieser wurde 1. Geistlicher in Mügeln. Der sächsische
Herzog Georg, der Bärtige, verfolgte die „Lutherischen“.
So kam es z. B. in Oschatz am 20.1.1533 zu einer Auswanderung
vieler evangelischer Christen. Im Jahre 1537 starb der Bischof,
und 1539 starb Herzog Georg. Der nachfolgende Herzog Heinrich war
evangelisch gesinnt, der neue Bischof streng katholisch. Es mag
schon ein Wirrwarr gewesen sein. Luther, welcher mit dem Oschatzer
Stadtrat in Briefwechsel stand, schickte seinen Vertrauten Buchner
nach Oschatz. Dieser begründete im Jahre 1540 in Oschatz die
erste sächsische Kantorei. Ebenfalls im Jahre 1540 führte
Buchner eine Visitation (Überprüfung) der Kirchenkreise
durch. Den Probst Fritzsche in Mügeln fand er mit einer Geldsumme
ab und bestätigte einen evangelischen Pfarrer, namens Johannes
Claus, für Mügeln. Das klingt unlogisch. Dazu muss man
wissen, dass der Pfarrer in Mügeln in Altmügeln wohnte.
Und diesem unterstand ein Diakon an der St. Johanniskirche in Mügeln,
welche nur eine Filialkirche war. Dieser Diakon in Mügeln
war gestorben. Aufgrund der Abfindung an den Pfarrer Fritzsche
in Altmügeln setzte Buchner den evangelischen Pfarrer Claus
an St. Johannis in Mügeln ein. Zu einer evangelischen Predigt
muss es aber dieser Johannes Claus nicht gebracht haben. Die Mügelner
Kirche hat man ihm anscheinend verwehrt.
Was in dem herzöglichen Oschatz möglich war, ging in
dem bischöflichen Mügeln noch lange nicht. Den ersten
belegten, öffentlichen, evangelischen Gottesdienst in Mügeln
hielt der zum ersten Diakonus ordinierten Geistliche Wolf Walber
von Alt-Dresden am 2. Pfingstfeiertage im Jahre 1542. Und dies, „… unter
heimlicher Zustimmung aller evangelisch Gesinnten bei Übergehen
des betagten katholischen Plebans in Alt-Mügeln… usw.
Trotz einer gewissen Unsicherheit, angesichts des Eifers der katholischen
Stiftsherren.“ Wie es uns ein Chronist übermittelt.
Günter Thiele (Rund um den Collm, 1996)
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