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Es
ist Jahrmarkt
Nun ist der liebe alte Mügelner Herbstjahrmarkt wieder da. Bei
schönstem Wetter – strahlend blauer Himmel – hat er
gestern seinen Anfang genommen. Das war ein Leben und Treiben! Ja,
so ein richtiger Jahrmarktsrummel. Zelt reihte sich an Zelt, große
und kleine Bude an Bude. Und was gab es da alles zu sehen! Und vor
allem, was konnte man alles kaufen. Zwischen die Musik der Karussell
und der Luftschaukel mischen sich die lauten Rufe der Fieranten. Ein
wüstes, aber schönes Durcheinader. Man mußte wieder
feststellen, dass jeder Jahrmarkt so seinen einzigartigen Zauber hat.
Na und unsere Kleinen, die kamen besonders auf ihre Rechnung, zumal
wenn der Vater und die Mutti ihnen das nötige Kleingeld mitgegeben
hatten oder sich in guter Geberlaune befanden. Anders aber die Fieranten
und hiesigen Geschäftsleute. Sie wurden nicht ganz zufrieden gestellt.
Sie mussten feststellen, dass die Tendenz des Herbstjahrmarktes bezüglich
des Kaufens etwas lustlos war. Lediglich auf kleinste Kleinigkeiten
beschränkte sich das Geschäft. Aber, es wird gehofft, dass
am heutigen Nachmittag sich das Geschäft mehr belebt, als es gestern
der Fall war, trotzdem der Besuch ein ausgesprochen guter war und die
Zahl der Fieranten die der Vorjahre noch übertrifft. Also, hoffen
wir mit allen, die gestern von dem Jahrmarkt nicht recht befriedigt
waren, dass der heutige Tag das nachholt, was der gestrige versäumte.
Und so wollen wir den Mügelner Herbstjahrmarkt nicht an uns vorübergehen
lassen, ohne nicht selbst dort gewesen zu sein. Zankt nicht, ihr „modernen“ Menschen,
die ihr so einen Jahrmarktsrummel mit Achselzucken ab tun wollt. Geht
einmal selbst hin zum Horst – Wessel – Platz, geht einmal
selbst durch die Budenreihen, in denen sich ein gutes Stück Volksleben
abspielt. Nur Augen und Ohren auf. Es ist schon eine kleine Welt für
sich. Freiwilliger und unfreiwilliger Humor treibt hier schönste
Blüten, abgesehen davon, dass gerade Jahrmärkte genügend
Werte als solche haben. Sie geben vielen Menschen Arbeit und Brot.
Und alle, die dort vertreten sind, lieben ihren Beruf, ganz gleich
in welcher Weise sie ihn zu Markt da ausüben. Sie Preisen zum
Beispiel mit heiser geschrienen Kehlen ihre Kämme mit „ollen
Kamellen“. Wir lachen trotzdem darüber und sie machen ihr
Geschäft Jahrmarktsrummel. Ein anderer verkauft echte „Offenbacher
Lederwaren zu nie da gewesenen Preisen“: Na wenn schon … Auch
er verkauft, wenn auch nicht die echten Offenbacher und dazu noch unzerreißbare
Hosenträger. Mügelner Tagesblatt 11.11.1935 |
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