Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Heimatfest

Der Montag des Mügelner Heimatfestes ist brauch mäßig den Kindern gewidmet. Kinderfestzug, Schulfest, Lampionzug und zum Schluss das allgemeine große „Brillant – Schlussfeuerwerk“ sind in Schlagworten die Ereignisse des Tages. Davon war der Kinderfestzug durch die Straßen der Stadt ein besonders reizvolles Kapitel für sich. Was sich hier in kindlicher Eigenart als Gruppen zeigte, bot entzückende Bilder. Schon die ABC – Schützen mit Zuckertüten als Kopfbedeckung eröffneten in niedlicher Weise den Zug. Mit ihren Blumenbogen und Blumenstäben sahen die Mädels in ihren hellen Kleidchen aus wie duftige, kleine Feen. Und dann gar die Hochzeitspaare mit den kleinen Schleppenträgerinnen – das waren allerliebste Pärchen! Nicht minder originell wirken all die übrigen Gruppen, mochten sie nun die Lehrmittel, das Stadtbad, das Jugendwandern, die Gartenarbeit, die Musik und das Singen, die Arbeit oder sonstige Dinge verkörpern. Alles war ebenso reizvoll als echt kindlich erdacht und der Zug machte den Kleinen sicherlich ebenso viel Spaß wie er de zuschauenden Erwachsenen Freude bereitet hat.
Nach dem Festzug entwickelte sich auf dem Horst – Wessel – Platz ein rechter Schulfestbetrieb. Die einzelnen Klassen vergnügten sich mit allerlei Spielen, es gab turnerische Vorführungen, Wettlaufen usw. Die Hauptsache war dann die Kaffeetafel unter den Schattigen Linden am Amtsgericht, bei der jedes Kind aus dem „Heimatfest – Topf“ seinen Milchkaffee oder was es sonst noch gab, trank und dazu mehrere Stückchen guten Kuchen schmausten. Die in der Turnhalle gebotenen Puppenspiele erregten nicht weniger Beifall, denn da gab es tüchtig zu lachen. Dass Reitschule und Kettenflieger auf dem Platz sehr rege benutzt wurden, ist selbstverständlich. Karussell fahren kann man ja nicht alle Tage und durch die Luft zu fliegen, ist ja auch für die schon etwas reifere Jugend ein großes Vergnügen; besonders die jungen Mädchen scheinen das zu lieben. Und wer unten steht, schaut auch gern zu.
Der abendliche Lampionzug der Kinder bot ein reizvolles Bild. Mild leuchteten die Laternen gleich langsam dahin ziehenden bunten Farbtupfen im Dunkel der Straße und die schöne Wirkung wurde noch dadurch erhöht, dass Laternen nach ihren verschiedenen Farben gruppenweise verteilt waren.

Das Brillant – Schlussfeuerwerk auf dem Horst – Wessel – Platz hatte riesige Menschenmengen angelockt. Nach dem Einzug der Schulkinder hielt zunächst Bürgermeister Pg. Albrecht die Schlussansprache, in der er seiner Freude über das prächtige Gelingen des Festes und dem Dank an alle Heimatfahrer und die Bevölkerung Ausdruck gab. Brausend hallte das Hoch auf Volk und Vaterland über den Platz. Dann aber zischten die Raketen hoch. Das große Feuerwerk unter Leitung von Karl Hetze und Sohn begann. Aus Raketen ergossen sich funkelnder Sternenregen, feurige Kaskaden stürzten herab, Feuerräder drehten ihre glühenden Sonnen, Goldregen stand flimmernd in der Luft, knatterndes Kanonenfeuer erklang und was sonst noch alles Schöne dem Auge geboten wurde. Auch das Wahrzeichen von Mügeln erschien beim Feuerwerk: drei aus Lichtern gebildete Gämse, mit roten Schnäbeln, die sich sogar fortbewegten. Das war selbstverständlich ein besonderer Hauptspaß, der gebührende Freude hervorrief. Die Bäume am Bach bildeten eine treffliche Kulisse. Seitwärts aber schimmerten mild die roten und grünen Lämpchen von den Häusern durch das Blättergrün, denn die Stadt war wieder illuminiert und in ein Lichtermeer getaucht.
Ein Marktfestabend, wie er im Glanze der Tausenden von Lämpchen nicht schöner gedacht werden kann, beschloss das so glänzend verlaufene 3. Heimatfest.

Mügelner Tagesblatt 02.07.1935