Online-Chronik der Stadt Mügeln
 

Archäologische Ausgrabungen in der slawische Festungsanlage „Gana“
zwischen Hof und Stauchitz - 04758 Naundorf, Lkr. Torgau-Oschatz
Um 967/68 verfasste der sächsische Mönch Widukind von Corvey die „Res Gestae Saxonicae“, seine Geschichte der Sachsen. Er berichtet in dieser bedeutenden historischen Quelle vom großen Slawenfeldzug König Heinrichs I. im Winter 928/929. Heinrich eroberte bei dieser Campagne die Feste Brandenburg im Havelland und wandte sich nach erfolgreicher Belagerung südwärts gegen die Dalemnzier, deren Burg ‚Gana’ er 929 einnahm. Hierzu weiß Widukind zu berichten:

„ Und als er mit dieser Burg [gemeint ist die "Brandenburg"] das ganze Land in seine Gewalt bekommen hatte, zog er gegen Daleminzien, dessen Bekriegung ihm schon vor Zeiten sein Vater [Herzog Otto v. Sachsen] überlassen hatte, belagerte die Burg Jahna [''urbem, quae dicitur Gana"] und nahm sie endlich am zwanzigsten Tage. Die Beute in der Burg überließ er den Kriegern, alle Erwachsenen wurden niedergemacht, die Knaben und Mädchen behielten ihr Leben für die Gefangenschaft. Danach griff er Prag, die Burg der Böhmen mit seiner ganzen Macht an und zwang ihren König zur Unterwerfung“.

Diese Eroberung im Jahr 929 war ein entscheidender Schritt zur Sicherung des eroberten Landes und Voraussetzung, um die Burg Meißen zu gründen. Wo die Burg ‚Gana’ zu lokalisieren sei, war lange umstritten – einem Wanderpokal gleich wurden verschiedenste Orte mit dieser Burg in Verbindung gebracht. Immer wieder war jedoch vermutet worden, dass es sich um eine Stelle auf der Gemarkung Hof/Stauchitz handeln könne, wo bis vor Kurzem nur das kundige Auge einen stark abgepflügten Wall erkennen konnte.
Das sich dort eine bedeutende Anlage befinden musste, legen erste Luftbildaufnahmen des Landesamtes für Archäologie aus dem Jahr 1994 nahe. Geophysikalische, d.h. geomagnetische und geoelektrische Untersuchungen konkretisierten das Bild. Zahlreiche Funde des 9./10.JH. die herausgepflügt auf der Oberfläche des Feldes lagen, ließen darüber hinaus vermuten, dass die archäologische Anlage in der Substanz bereits durch den Pflug angerissen wurde und wird. Es grenzt daher an ein Wunder, dass eine Hockerbestattung der späten Jungsteinzeit (3000-2800 v. Chr.) dicht unter der Pflugschicht erhalten blieb. Von Gruben, die zu einer spätbronze- bzw. früheisenzeitlichen Siedlung gehören, sind lediglich die unteren Bereiche noch vorhanden.
Die geomagnetische Prospektion macht die Befestigungsgräben und den umlaufenden Wall sichtbar.
Um Klarheit über Struktur und Erhaltungszustand der slawischen Anlage zu bekommen, entschloss sich das Landesamt für Archäologie im kurzen Zeitfenster zwischen Ernte und Neubestellung eine Grabung durchzuführen. Die Ergebnisse sind aufregend: Knapp 20 cm unter der heutigen Oberfläche liegt einer mächtigen Befestigungsanlage slawischer Zeit.
Sie besteht aus drei Gräben, die in enger zeitlicher Abfolge nacheinander ausgehoben worden sind. Der größte Graben ist fast 6,5 m tief und18 m breit. Unübersehbar sind in den beiden ältesten Gräben die in die Zeit um 900 n.Chr. datieren Spuren heftiger Brände. Die hölzerne Verschalung des 10 m breiten Walles ist verbrannt, ebenso Teile der Holzbefestigungen, die den Wall stabilisierten. Der archäologische Schnitt durch den Wall zeigt ein Profil, das sich wie ein Urkundenbuch lesen lässt und eine unmittelbare Bestätigung der urkundlichen Nachrichten liefert: Brandschatzung und Auflassung der Burg nach dem erfolgreichen Angriff Heinrich des I zeichnen sich im archäologischen Befund präzise ab.
Aus der Luft gesehen, zeichnen sich zahlreiche Strukturen der Befestigung im jungen Getreide ab.
Die aufgefundene mächtige Grabenanlage und die Datierung des Fundmateriales lassen aus der Vermutung Sicherheit werden: in der Gemarkung Hof/Stauchitz liegt die lange gesuchte Burg Gana - eine der zentralen Orte mittelsächsischer Landesgeschichte. Hunderte von Besuchern haben diesen wideraufgefundenen historischen Ort in den vergangenen Wochen bereits besucht.
Die Innenfläche umfasst der Burg umfasst rund 4,5 ha. Im Luftbild gut sichtbar ist eine innere Einfriedung, sowie eine zweite Grabenlinie, die die Wohnareale zusätzlich sicherten. Erste Testschnitt zeigen, dass sich Hausgrundrisse erhalten haben. Im kommenden Jahr wird vor allem der Innenbereich der Burg, der durch Pflug und Erosion in seiner archäologischen Substanz fast abgetragen ist, Ziel weiterer Rettungsgrabungen sei.
Unser herzlicher Dank geht an den Eigentümer des Feldes Herrn Gerd Rendler, die Pächter Herrn Gerhard Gröbner und Herrn Wandel sowie nicht zuletzt an den Bürgermeister der Gemeinde Naundorf, Herrn Michael Reinhardt, die uns liebenswürdig und engagiert unterstützt haben.
Wir empfehlen Interessentinnen und Interessenten, den Besuch des archäologischen Jahnatal-Radwanderweg, der nicht nur an der Burg Gana vorbeiführt, sondern weitere spannende Orte der sächsischen Landesgeschichte im Jahnatal erklärt. Einen Vorab-Besuch dieser Monumente und eine gute Routenplanung ermöglicht Ihnen die Webseite:
http://www.saechsisches-burgenland.de/reiten-frame.htm
Das Landesmuseum für Vorgeschichte im Japanischen Palais bietet derzeit einen Überblick über die frühen Burgenanlagen in Sachsen und Polen in der Ausstellung „Vor unserer Zeit: Ein vergessenes Burgenland zwischen Elbe und Weichsel“, ein spannendes, wenig bekanntes Kapitel gemeinsamer polnisch sächsischer Geschichte. Die Ausstellung wird ab Januar 2004 erweitert und mit neuesten Funden auch aus „Gana“ zu sehen sein.

Dr. Michael Strobel

von Webseite des Landesmuseums für Frühgeschichte in Dresden