Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Erfolgreicher Kampf gegen die „Fettlücke“

Die schwächste Stelle unsere Volksernährung ist – das weis jeder Volksgenosse und stellt kein Geheimnis dar – das Fettgebiet. Allerdings bedeutet auch das keinen Vorteil für den Gegner, denn dank der umfassenden Vorratswirtschaft und verschiedener anderer Maßnahmen steht auch heute und für lange Zeit soviel Fett zur Verfügung, dass den vordringlichen ernährungsphysiologischen Bedürfnissen des einzelnen Rechnung getragen werden kann. Wenn diese Feststellung heute getroffen werden kann, dann nur deswegen, weil gerade auf dem Fettgebiet in den letzten sieben Jahren unerhörte Anstrengungen gemacht worden sind, um die nun einmal aus natürlichen Gründen bestehende Fettlücke zu verringern.

Die bei weitem wichtigste Fettquelle Deutschlands ist die Rinderhaltung. Die zweite Stelle nimmt dann die Schweinehaltung ein, die an der Fettproduktion Deutschlands im Durchschnitt mit 28 v. H. beteiligt ist. Geringere aber immerhin in einzelnen Gebieten ins Gewicht fallende Mengen an Fetten werden aber auch bei der Ziegenhaltung, bei der Schafhaltung usw. gewonnen. Der Leistungsanteil sowohl in der Milch- als auch in der Viehwirtschaft konnte in den letzten Jahren erheblich gesteigert werden. Allein während der Jahre von 1933 bis 1938 ist jedenfalls über die Viehwirtschaft eine Zunahme von rund 220 000 Tonnen Fett im Jahresdurchschnitt erreicht worden.

Daneben verdient die Steigerung der Fetterzeugung über den Ölfruchtbaum besondere Ernährung. Er ist zwar nur zu 4 v. H. an der deutschen Fetterzeugung beteiligt, lieferte aber im Jahre 1938 immerhin etwa 50 000 Tonnen Fett und fiel damit doch erheblich ins Gewicht, weil hier ein für die Margarineindustrie wichtiger Rohstoff gewonnen worden ist. Der Ölfruchtbaum war bis zum Jahre1933 aus Deutschland fast verschwunden. Im Jahre 1938 aber waren schon wieder 124 000 Hektar mit Ölfrüchten bestellt. In den beiden nachfolgenden Jahren ist die Anbaufläche weiter beträchtlich begehrt worden. Die Anbaufläche ergab für 1938 einen Anfall von 154 000 Tonnen Raps – und Rübsensaat, 16 000 Tonnen Leimsamen, 6 000 Tonnen Hanfsamen und rund 4 000 Tonnen Mohnsamen. Die Ausdehnung des Ölfruchtanbaues ist darum besonders wichtig, weil hier von der gleichen Fläche eine rund Sechsfache höhere Fettleistung erzielt werden kann, als über die Milcherzeugung oder über die Schweinefetterzeugung.

Damit aber hat man sich in Deutschland nicht begnügt. Alle nur irgendwie denkbaren Fettquellen wurden genutzt. Da hat vor allem die Wissenschaft hervorragende Arbeit geleistet, um einmal durch Züchtung ertragreichere Ölpflanzen heranzubilden oder durch die laufende Prüfung immer bessere Bearbeitungsmethoden höhere Ausbeuten zu erzielen. Aussichtreiche Versuche sind auch mit der Ölgewinnung aus Sojabohnen gemacht worden und mit einer neuen Ölpflanze Saflor. Weitere Bemühungen befassen sich mit anderen Erzeugnissen, die zwar nicht entscheidende Mengen an Fetten oder Ölen zu liefern vermögen, die aber doch im Ganzen gesehen, als Beweis dafür zu werten sind, dass die deutliche Landwirtschaft mit allen Kräften bemüht ist, die Sicherheit der Fettversorgung nicht nur zu erhalten, sondern auch weiter auszubauen. Die Bisher gemachten Anstrengungen genügen jedenfalls schon, um eine Fettkatastrophe, wie wir sie 1918 erlebt haben, zu verhindern. Drüber hinaus stehen Deutschland heute wesentlich umfangreichere Einfuhrmöglichkeit zur Verfügung, die damit den englischen Plan, Deutschland auszuhungern und vor allem einen Zusammenbruch der Fettversorgung zu erzielen, endgültig zerschlagen.

Mügelner Tagesblatt 13.05.1941