Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Der nationale Feiertag in Mügeln

Maientag des deutschen Volkes! Festlicher Tag seit uralten Zeiten – Feier der Arbeit im neuen Reich. Ganz Deutschland ein festlich gestimmtes Reich Von der Reichshauptstadt bis herab zum kleinsten Dorf schlägt der Pulsschlag der Volksgemeinschaft, reißt empor zum Erlebnis der Gemeinsamkeit eines Wirkens, eines Willens.
Wie überall in den deutschen Landen, so auch in Mügeln. Festesschmuck an den Häusern. Sparsamer der Grünschmuck dieses Mal als bei den früheren Feiern, denn auch der deutsche Wald verlangt sein Recht, darf nicht übermäßig geplündert werden. Dafür Fahnen über Fahnen, namentlich in den Hauptstraßen der Stadt. Besonders hübsch wirkte der Fahnenschmuck einiger benachbarter Häuser in der Hindenburgstraße durch die Art der Gleichmäßigkeit. Auch die Schaufenster der Geschäfte trugen dem Tage durch verschiedenartige Ausschmückung Rechnung. Eine ganze Anzahl waren besonders reich dekoriert. Geschmackvoll die Schmückung des Marktplatzes und Rathauses.
Die Jugend eröffnete den Nationalfeiertag des deutschen Volkes am Vorabend mit einer besonderen Feier: der Überweisung des Jungvolkes und der Jungmädel in die Hitlerjugend und den BdM. Ein frostiger Abend war es – aber stramm standen die verschiedenen Jugendgruppen zur Feier auf dem Marktplatz, der auch von Zuschauern aus der Einwohnerschaft stark besetzt war. Die flotten Klänge des Spielmannszuges des Jungvolkes leiteten die Feier ein. Im Sprechchor erklang Gruß und Schwur der neuen Zeit. Die von hiesigen Führern verlesenen Worte des Gebietsjungvolkführers und der Jungmädelführerin wiesen Pimpfe und Jungmädel auf die Bedeutung des Tages hin. Wiesen hin auf die neuen Aufgaben in alter, treu verbundener Kameradschaft. Schlicht, mit knappen Worten erfolgte nach der Verlesung der Proklamation des Gebietsführers die feierlich Verpflichtung und die Abnahme des Treueids auf den Führer durch den Hitlerjugendführer Dehnert.
In kurzen markigen Worten betonte Ortsgruppenleiter Pg. Albrecht dann die Bedeutung dieses Treueschwurs. Dann folgte das fröhliche – feierliche Aufziehen des Maikranzes.
Jungmädel brachten das große, bunt bebänderte Gewinde aus dem Rathaus und legten es um den Kandelaber inmitten des Marktplatzes. Ein stattlicher Kranz wand sich nach dem Hochziehen hoch oben, dessen lange bunte Bänder gar lustig im Winde flatterten und im Scheine des elektrischen Lichtes ein wunderschönes Farbenspiel boten. Kühl und frostig wehte die Luft, aber der Maienkranz kündete den Wonnemond und unter ihm erklang es beim fröhlichen Reihen in den jugendfrohen Mädelstimmen: Der Mai ist gekommen...!

Die Kundgebung auf dem Marktplatze

Mit Sonnenschein zog zwar der junge Tag des 1. Mai herauf, aber nur zu bald zeigte sich der Himmel Grau in Grau. So war es schon als um 7 Uhr das Wecken des Spielmannszuges der SA und der Kapelle Grüneberg durch die Straßen schallte. Dazu herrschte eine ganz empfindliche Kühle, die noch vormittags gegen 10 Uhr das Thermometer erst knapp auf 2 Grad Wärme steigen ließ.
Zunächst marschierte früh um 8 Uhr die Jugend auf dem Marktplatze auf, um die Kundgebung des Reichsjugendführers durch Übertragung aus Berlin mit anzuhören. Auch die Verkündung und Ehrung der Mügelner Sieger im Reichsberufswettkampf erfolgte hier.
Hatte bis dahin das Wetter so einigermaßen ausgehalten, so kam es schon anders während die Teilnehmer an der großen Kundgebung auf ihre Stellplätze eilten. Als wollte die Natur selbst das Schauspiel aufführen, das einst im Mittelalter an diesem Tage als „Kampf zwischen Sommer und Winter“ dargestellt wurde, gingen dichte Schneeschauer, zum Teil auch gekörnter Schnee in Mengen nieder, unbarmherzig jeden frohen Gedanken an den „Wonnemond“ verscheuchend. Aber das focht die Menge wenig an, die schon vor 11 Uhr sich an den Seiten des Marktplatzes als Zuhörer der Kundgebung zu sammeln begann. Mit Schneebedeckten Mützen, Schirmen und Mänteln stand man da, hoffend, dass doch noch der Wettergott ein Einsehen haben würde. Und ein seltsames Bild bot sich dem Beschauer: schneebedeckt, ganz wie ein Stück aus zauberhaftem Winterwald, standen Tannenbäume um den Kandelaber, darüber aber der Maienkranz mit all der fröhlichen Buntheit seiner vielen Bänder! Welch eigenartiger Kontrast und doch auch welch geradezu symbolhaftes Zusammenspiel! Denn als ½ 12 Uhr die großen Teilnehmermassen in langen Zügen auf den Markt rückten, da brach die Sonne durch: auch in der Natur siegte am 1. Mai der Frühling über den Winter, wenn auch die Temperatur noch sehr frisch blieb.
Der Aufmarsch der Massen und ihre Aufstellung, der Einmarsch des SA – Ehrensturmes sowie der Fahnen der PD und DAJ unter schmetternden Marschklängen, dazu Markt und Rathaus, von dem das Hoheitsabzeichen grüßte, sowie die übrigen Häuser im Schmuck des Grünes und der Fahnen – all das bot besonders von erhöhtem Standpunkt aus eine überaus imposanten, festliche Anblick.
Ortgruppenleiter Bürgermeister Pg. Albrecht begrüßte die Massen, indem er daran erinnerte, wie noch vor drei Jahren dieser Tag mit Klassenhass, Standesdünkel und dergleichen ein ganz anderes Gesicht gehabt habe. Heute ist das alles ganz anders und auch die Juden dürfen nicht teilnehmen an diesem festlichen Aufmarsch. Wer da glaubt, dass dieser 1. Mai einmal eine Änderung erfahren möchte, der möge sich gesagt sein lassen, dass das Reich nicht für einige Jahre, sondern für alle Ewigkeit gegründet wurde. Heute führen wir den Kampf nicht internationale Dinge, sondern für Blut und Boden, für Deutschland. Möge der heutige Tag ein würdigen Verlauf nehmen und die Botschaft des Führers, die wir heute vernehmen, ein Segen sein, von dem noch kommende Geschlechter zehren werden!
Damit schloss die Kundgebung – die größte und imposanteste wohl, die Mügeln bisher sah, denn rund 4000 Personen nahmen an ihr teil. Reibungslos wie der Aufmarsch ging auch der Abmarsch vor sich, ein gutes Zeichen für die Organisation des Tages.

In den Gaststätten fanden sich vielfach noch Betriebsführer und Gefolgschaften zu fröhlichen Stunden zusammen, während abends der Tanz besonders die Jugend zusammenrief.

Mügelner Tagesblatt 01.05.1935