Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Die Stadt Mügeln

Über 300 Jahre lebten die Sorben in Mogelini ihr urwüchsiges Leben. Nicht immer waren die Zeiten friedlich. Kriege, Grenzhändel und Überfälle trafen sie. Dann schickten die Männer ihre Weiber und Kinder mit Vieh und dürftiger Habe ins nahe Zetzschligverhau. Misswachs (Missernte) brachte Not und Elend und Hunger. Aber auch ausgelassene Opferfeste und große Schmausereien nach vollbrachter Ernte sah das Dorf.
Da kamen die Deutschen unter ihrem zielbewussten König Heinrich I. Sie waren gewillt, den germanischen Boden den slavischen Eindringlingen wieder zu nehmen. Auf der alten Ostweststraße kamen sie heran, durchschritten den gelichteten Bannwald und betraten bei dem Grenzorte Mogelini den sorbischen Hauptgau Daleminzi. Energisch griff König Heinrich den stärksten der slavischen Kleinstämme an und besiegte ihn bei Gana (Jahna). Im festen Stoß kam er bis zur Elbe und baute an der Ostgrenze des Gaues die Feste Meißen. Wie ein gut geglückter Lottowurf lag sie nun im feindlichen Land, etwa 5 Tagesmärsche von der Reichsgrenze entfernt. Die erste Sorge war darum, die Anmarschstraße durch Kriegerposten zu sichern. Feste Plätze entstanden: Magdeburg, Grimma, Nerchau, Mügeln. Dieser Straße verdankt Altmügeln seine erste Erwähnung in der Geschichte. Der Merseburger Bischof Thietmar erzählt in seiner Chronik, dass 984 der Böhmenherzog Boleslav seinen Freund, den Bayernherzog Heinrich, der im Streite um die deutsche Königskrone zu ihm geflüchtet war, bis nach Altmügeln begleitet habe, von dort sei er von seinen Truppen abgeholt worden. Ein nicht geringes Heerlager mag damals errichtet worden sein. Das konnte sich natürlich nicht in der Burg, die ein wenig westlich vom Orte aufgebaut war, befunden haben, sondern in Altmügeln.
Die Burg war äußerst einfach aufgeführt, hatte aber Wassergraben und Palisadenschutz. Schloß Ruhethal ist aus dieser Gründung hervorgegangen. Die Besatzung dieses Militärpostens benötigte allerhand: Nahrung für Mann und Ross, Tuch und Leder, Topfgeschirr und Geräte. Die Sorben führten zu bestimmter Zeit Zinsgetreide und Abgabenvieh heran. Der Supan regelte als unterster Verwaltungsbeamter den Verkehr seiner Volksgenossen mit der deutschen Garnison.
Wagemutige Sorben rückten nahe an die Burg heran und schufen eine kleine händlerische Niederlassung, die bis zum Altmarkte reichte. Sie gestaltete sich höchstwahrscheinlich zum deutschen Platze um, als sich der Wanderverkehr und die Herbergsgelegenheit hierher zog, Handwerker setzten sich an. Den Sorben blieb ein Platz vorbehalten. An der Wendengasse (Schulgasse) legten sie von Zeit zu Zeit ihre Naturprodukte zum Verkaufe aus und tauschten dafür deutsche Handwerkerwaren ein. Damit sind wir aber schon der Zeit ein wenig vorausgeeilt.
Ganz langsam wurde das Sicherungssystem ausgebaut. Hier und da entstanden feste Plätze nicht nur an der Straße Merseburg – Meißen, sondern auch im Lande. Schon zur Zeit der Ottonen legte man daneben deutsche Kriegersiedlungen an, indem der König den Befehlshabern, die sich nicht ablösen ließen, Land übereignete.
Mitten in diese Aufbauarbeit platzte der Polenkrieg (1002 – 1034) hinein. Der polnische Herzog Boleslav und sein Sohn Misiko unternahmen mehrere Raubzüge, verwüsteten das Land zwischen Elbe und Elster und nahmen tausende von Bewohnern mit, die ins dünnbevölkerte Polen verschleppt und als Kolonisten angesetzt wurden. Es mag auch vorgekommen sein, dass manche von den rasseverwandten Sorben ohne großen Zwang mitgelaufen sind. Die Bewohner Mügelns waren beim Raubzug 1003 aufgefordert worden, mit ihrer Habe den polnischen kriegern zu folgen. Sie versprachen es. Als aber der Polenherzog abgezogen war, hielten sie es für richtiger, dazubleiben.
Während des Polenkrieges hatte Meißen viel gelitten, Die Mark war menschenleer geworden. Viel Land lag brach. Da riefen die Besatzungsherren deutsche Bauern aus dem Westen ins Land. Sie kamen, übernahmen zuerst die sorbischen Dörfer, besiedelten das Umland, das zwischen den slavischen Weilern unbenützt lag und rodeten zuletzt den Heidewald.
Um 1200 herum mag die Besiedelung der Mügelner Landschaft in den Hauptzügen fertig gewesen sein. Die erhöhte Bevölkerung hatte größeren Bedarf an Gerät und Geschirr, an Handwerkszeug und Tuchwaren und hätte gern diese Waren gegen ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse ausgetauscht. Die schon vorhandenen Handwerker reichten nicht aus. Darum brachte ein Unternehmer Handwerker und Gewerbetreibende aus Westdeutschland heran. So entstand neben der alten Handelsniederlassung eine planmäßige Siedlung mit einem Marktplatze in der Mitte. In jahrelanger Arbeit wurde eine Stadtmauer aufgeführt, die auch die erste Ansiedlung mit einschloss. So entstand eine Stadt. Sie hieß auch Mügeln, und wurde oft Neumügeln genannt. So wanderte der Name vom sorbischen Mogelini über die deutsche Burg zur deutschen Marktsiedlung. Der Name „Grabhügelort“ wurde nicht mehr bewusst. Man deutete einfach den Stadtnamen in „Hügelort“ um und bedachte nicht, dass man damit etwas widersinniges tat. Hügelort passt weder für Alt- noch für Neumügeln.