Am 29. September
1925 starb der verdienstvollste Bürger Mügelns
„Bürgermeister a. D. Karl Heinrich Börngen gestorben“,
so lesen wir in einer alten Zeitung. Und weiter heißt es
da:
„
Diese Kunde durcheilte am 29. September nachmittags die Stadt Mügeln
und löste in allen Kreisen der Bevölkerung ein stilles
wehmutvolles Beileid aus. Geht doch mit diesem alten Herrn einer
der verdientesten Männer der Stadt Mügeln nunmehr schlafen.
Bürgermeister Börngen war allgemein geachtet und beliebt
in der Einwohnerschaft von Stadt und Land und weit über Mügelns
Grenzen bekannt. Am 2. Februar 1886 wurde der damalige Referendar
bacc. jur. Börngen als Bürgermeister der Stadt Mügeln,
durch den damaligen Amtshauptmann von Schröder, feierlichst
verpflichtet. Der Verstorbene hat sich um die Entwicklung der Stadt
in ihrem äußeren Aufbau und ihrem gewerblichen und industriellem
Leben sehr verdient gemacht, so namentlich um die Errichtung der
Ofen-Porzellan- und Tonwarenfabrik und später der chemischen
Fabrik `Lipsia`. Ein äußerst bedeutsames Werk war die
Schaffung unseres heutigen schönen Wasserwerkes.
Das innere Bild der Stadt hat sich während der Amtszeit Börngens
wesentlich freundlicher gestaltet und Fremde, die die früheren
Zustände Mügelns kannten, sind angenehm überrascht
von dem Eindruck den sie in Mügeln jetzt bekommen.
Zur Behebung der Wohnungsnot war Börngen derjenige, der damals
die Gründung der Gemeinnützigen Baugenossenschaft in
die Wege leitete, durch die insgesamt 30 Wohnungen geschaffen wurden.
Die Freiwillige Feuerwehr ist nicht zum geringen Teile durch seine
Fürsorge als Bürgermeister, Branddirektor und Ehrenmitglied
zu ihrer jetzigen blühenden Höhe emporgestiegen.
Das erste Heimatfest im Jahre 1900 konnte nur mit seiner tatkräftigen
Hilfe ins Leben gerufen und glänzend abgeschlossen werden.
Beim zweiten Heimatfest 1925 war er ebenfalls, obwohl bereits verabschiedet,
rastlos tätig. Lange Jahre war er im Bezirksausschuss auch über
Mügelns Grenzen zum Wohle des Bezirks mit tätig und auch
später, nach seiner Pensionierung als Vorsitzender des Wohnungsschiedsamtes
der Amtshauptmannschaft.
Am 30. April 1921 trat er freiwillig in den Ruhestand und wurde
am 28.04.1921 feierlichst verabschiedet. Die Stadtgemeinde ehrte
sein Wirken durch Benennung der ehemaligen Paschkowitzer Straße
in Bürgermeister-Theodor-Börngen-Straße. Und ungenannt
bleiben wollende Freunde errichteten eine Stiftung mit 8000 Mark,
die den Namen Bürgermeister-Theodor-Börngen-Stiftung
trägt. Seine Rechtsanwaltspraxis und das Notariat übte
er bis zum letzten Tage aus.
Der Bürgermeister Börngen wird in der Geschichte der
Stadt Mügeln sicher unvergessen bleiben.
Leicht sei ihm der kühle Rasen! Er ruhe in Frieden.“
In einer Heimatbeilage vom Mai 1925 lesen wir u. a.:
„
Ein Stück Stadtgeschichte verkörpert sich in der Person
des von allen Mügelnern verehrten Bürgermeisters a. D.
Börngen. Frühmorgens gegen 8 Uhr sieht man ihn jeden
Tag, die Tasche in der Hand und den Ulmer oder die Zigarre im Mundwinkel,
gemächlichen Schrittes die Döbelner Straße herunterkommen
und nach seinem Büro wandern. Jedes Kind kennt ihn – und
ein jeder wünscht ihm einen `Guten Morgen` und nimmt von seinem
jovialen, freundlichen Gesicht einen Abglanz mit hinweg. Seine
biedere, schlichte Art hat ihm die Freundschaft aller eingebracht…“
Wenige Wochen nachdem diese Zeilen geschrieben wurden, verstarb
dieser Mann, den jeder kannte und den jeder schätzte.
Nachdem er viele Jahre vollen Tatkraft die Geschicke unserer Heimatstadt
gelenkt und geleitet hatte, wurde er von den Stadtverordneten,
in seltener Einmütigkeit, auf Lebenszeit zum Bürgermeister
gewählt. 35 Jahre, vom 2. Februar 1886 bis zu seinem freiwilligen
Rücktritt am 30. April 1921, als er feierlichst verabschiedet
wurde, leitete er die Geschicke der Stadt.
Er führte die Stadt von der schmutzigen Ackerbürgerstadt
zu einer der saubersten Kleinstädte unseres Sachsenlandes.
Mit einer beeindruckenden örtlichen Industrie, wie viele Zeitgenossen
bezeugen. Vieles was heute zerstört wird, wurde damals aufgebaut.
So das für Sachsen vorbildliche bäuerliche Genossenschaftswesen.
Außer dem oben angeführten muss man unbedingt noch erwähnen,
dass Bürgermeister Börngen von Anfang an im Vorstand
der E. V. Gröba war und so maßgeblichen Anteil daran
hatte, dass die Mügelner Pflege und auch Mügeln bereits
am 30. Juli 1912 voll elektrifiziert war. Auch der Bau des am 3.
Mai 1911 eingeweihten und für damalige Verhältnisse modernen
Krankenhauses, war in erster Linie seinem tatkräftigen Eintreten
zu verdanken. Manche seiner Eigenschaften wünschte man sich
von seinen heutigen Nachfolgern! Welcher Bürgermeister unserer
engeren Heimat wird von allen seinen Mitbürgern so geachtet
und geehrte? Und vor allem gekannt? Und wer von ihnen würde
auf Lebenszeit gewählt werden? Diese hohe Ehre wird wohl selten
einem Menschen zuteil. Bürgermeister Börngen war sein
ein Mensch.
Am 29. September 1925, im Alter von 73 Jahren, verstarb dieser
Mann.
Die Art, wie seine Heimatstadt Mügeln ihren Bürgermeister
zu Grabe trug, würde sogar von überregionalen Zeitungen
kommentiert.
Günter Thiele
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