Online-Chronik der Stadt Mügeln
 
Brausebad


Wie uns berichtet wird, ist das Brausebad in unserem Schulgebäude nunmehr fertig gestellt worden, so dass die Ingebrauchnahme desselben erfolgen kann. Mit Ausführung der Arbeiten zu dieser Badeanlage war die Fabrik für gesundheitstechnische Anlagen von Otto Wohlfahrt in Chemnitz betraut worden, welche Firma schon vor mehreren Jahren die sich bewährte Zentralheizungs- und Lüftungsanlage erbaut hat, so dass auch die sichere Funktion der Badeanlage allenthalben gewährleistet ist. Das neu erbaute Schulbad ist derart bemessen, dass eine Klasse von 40 – 45 Kindern in der Stunde bequem baden kann. Durch einen geräumigen An- und Auskleideraum für die Kinder gelangt man in den eigentlichen Baderaum. In demselben sind für die körperliche Reinigung eine Anzahl Brausen angebracht, welche das Wasser regenartig auf den Körper der Badenden fallen lassen. Eine gemeinschaftliche Fußgrube, in welche das Wasser angestaut werden kann, dient zum Reinigen der Füße. An der Seite des Baderaumes befinden sich noch drei Einzelzellen als Bäder für das Lehrpersonal in gleicher Ausstattung, jedoch nur für den Einzelbetrieb eingerichtet. Die Erwärmung des Badewassers erfolgt durch eine separate Kelleranlage, als auch durch die vor Jahren eingebaute Niederdruck-Dampfheizungsanlage in einem reichlich bemessenen Boiler. Das Wasser für das gemeinschaftliche Bad wird durch einen Milchapparat auf richtige Temperatur gebracht, was in der Hand des Aufsichtsführenden liegt. Die Erwärmung des Bades sowie des An- und Auskleideraumes während der kalten Jahreszeit erfolgt mit durch die Zentralheizungsanlage. Unser Schulbad entspricht hiernach den strengsten hygienischen Anforderungen, welche man an ein derartige Anlage stellen kann und wird deshalb zur Hebung und dem Wohlbefinden unserer Schuljugend wesentlich mit beitragen. Für die Wohlgelungene Ausführung gebührt außer der ausführenden Firma auch noch den Schulverwalter Herrn Christiani volle Annerkennung für seine ratslose und aufopferungsvoller Tätigkeit in dieser Angelgenheit. Die Eröffnung des Schulbades ist zweifellos ein erheblicher Fortschritt unserer Stadt, da die Badegelegenheiten bisher nicht gerade als genügend angesehen werden konnten. – Über den ersten Badetag geht uns noch folgender Bericht zu: Am Donnerstag ist das Brausebad in der hiesigen Bürgerschule zum ersten Mal in gebrauch genommen worden. Das war eine Lust und Freude für unsere Kinder. Im gut erwärmten Auskleideraum entledigten sie sich ihrer Kleider und traten dann an zum Bad. Dampfend rauscht das Wasser aus 12 Brausen mit einer Temperatur von 35 Grad hernieder. Erst seiften sich die Schüler von Kopf bis Fuß ein und ließen dann die feinen Wasserstrahle mit sichtlichem Wohlbehagen am Körper herabrieseln. Je höher das Wasser im Bassin stieg, desto größer wurde die Freude. Bald saßen und krochen sie plätschernd auf dem Lattengerüst herum oder wälzten sich vergnügt darauf. Zuletzt wurde die Temperatur auf 20 Grad herabgedrückt. Da suchte sich mancher durch einen kühnen Sprung in Sicherheit zu bringen, mußte aber wohl oder über zurück, damit sich seine Hautporen im kälteren Wasser wieder schließen konnten. Nach 10 Minuten betraten die Kinder erfrischt den Ankleideraum, wo sie gern in die warmen Kleider schlüpften. Nur wenige aus jeder Klasse hatten zaghaft abseits gestanden. Als sie aber den Jubel der anderen sahen, erklärten sie, sich später nicht wieder ausschließen zu wollen. Nach dem Bade wurden die Kinder in die besonders gewärmten Turnhalle geführt, und nun begann der regelmäßige Turnunterricht. Das Bad nahm für jede Klasse 25 – 30 Minuten in Anspruch. So möge denn unser Schulbad immer den Zwecke erfüllen.

Mügelner Anzeiger, 24. Februar 1912