Alte Zunft
in Not ?
Das Böttcherhandwerk ist eine Zunft, deren Kniffe geschickte
Menschen schon vor Jahrtausenden beherrschten. Heute trifft man
jedoch nur noch selten ein solch interessantes Gewerbe an.
In Mügeln gibt es noch einen Böttchermeister, der seit
1925 mit seiner Familie in dieser Stadt ansässig ist. In uralter
Tradition fertigt er aus Holz verschiedene Dinge, die schön
für das Auge, aber auch nützlich sind. OT schaute dem
Böttchermeister Karl-Heinrich Kluge bei der Arbeit über
die Schulter.
Liest man im Familienstammbaum, findet man bereits seit drei Generationen
Böttcher in der Familie Kluge. Ansässig war die Familie
damals in der Döbelner Gegend, in einem kleinen Ort in der
Nähe von Ostrau. 1925 siedelten die Kluges nach Mügeln über.
Heute wird das Geschäft, das sicher nicht nur Mügelnern
ein Begriff ist, von Karl-Heinrich Kluge geführt.
Zur Geschichte
Sein Vater lernte im Jahre 1912 in Mügeln das Böttcherhandwerk.
Wie damals in den Handwerkerberufen üblich, ging dieser nach
der Lehre auf Wanderschaft, kehrte später, als er genügend
von der Welt gesehen hatte, wieder in die heimatliche Gegend zurück
und eröffnete 1925 das Geschäft. Bis 1965 zeigte er dann
hier sein Können.
Im Jahre 1966 nahm Karl-Heinrich Kluge die Geschicke des Geschäftes
in seine Hände. Vieles hatte er von seinem Vater gelernt,
die geschickten Hände und die Liebe zum Böttcherberuf
sind ihm sozusagen in die Wiege gelegt worden. Was lag näher,
als dass er in die Fußstapfen seines Vaters trat? So erlernte
auch er, wie schon Papa, in Mügeln die Böttcherei.
In jedem Handwerkerberuf ist das Gesellenstück der Anfang
der eigenen schöpferischen Arbeit. Karl-Heinrich Kluge hatte
keine einfache Aufgabe zu bewältigen. Sein Gesellenstück
war unter anderem der Bau eines Weinfasses.
Fast das Aus durch den Fortschritt
Früher war ein Böttcher für fast jeden Einwohner
der Umgebung notwendig. Wagenräder, Fässer und andere
Gegenstände, die man in Haus, Hof und Bauernwirtschaft benötigte,
konnte keiner besser fertigen oder reparieren als er. Mit der industriellen
Entwicklung und dem technischen Fortschritt, dem Rückgang
der privaten Wirtschaften, stagnierten die bisherigen Aufträge,
das Handwerk war nicht mehr gefragt, starb langsam. Dieser Rückgang
war derart intensiv, dass in den 60er Jahren fast das totale Aus
für die alte Zunft der Böttcher in unserer Gegend kam.
Gebrauchsgegenstände aus Plaste kam auf den Markt, Zinkwannen
wurden zur Mode, keiner wollte mehr einen Holzbottich zum Waschen,
elektrische Waschmaschinen erleichterten den Frauen die Arbeit,
keiner wollte mehr ans Waschbrett. Zudem verschwanden nun auch
die letzten Kleinbauern, die immer noch Abnehmer der Böttcherarbeiten
waren.
Umstellung in der Arbeit war notwendig
Im Landkreis Oschatz gab es damals drei Handwerksbetriebe, in Oschatz,
Mügeln und Dahlen, die damals alle mit dieser Entwicklung
zu kämpfen hatten.
„Jetzt gibt es nur mich, die beiden anderen haben schon
vor langer Zeit kapituliert“, meint der Geschäftsführer.
Böttchermeister Karl-Heinrich Kluge hat diese Wende nur geschafft,
indem er sich umstellte, 20 Jahre hatte er hauptsächlich nur
Bierfässer für die Brauereien Wernesgrün oder Leipzig
repariert.
Auch andere Produkte wie Regale, Pflanztöpfe kurzum viele
tausend kleine Dinge, an denen die Bürger trotz moderner Technik
in den Haushalten, Gefallen fanden, wurden gefertigt. Mit seinen
50 Jahren ist Karl-Heinrich Kluge rüstig und optimistisch,
was die Zukunft seines Geschäftes angeht.
Für den Nachwuchs ist auch gesorgt. Sein Sohn, gelernter
Tischler, wird sicher in einigen Jahren in die Fußstapfen
des Vaters treten. So wäre bei Kluges die vierte Generation
im Böttcherhandwerk tätig.
OT. v. 07.02.92
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