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75
Jahre Mügeln – Wermsdorfer Bank e. G. m. b. H.
Am heutigen Tage begeht dieses Institut, das weit über die Grenzen des Oschatzer Bezirks bekannt ist, seinen 75jährigen Geburtstag, ein Tag der wohl wert ist, desselben durch einen Rückblick zu gedenken. Das Jahr 1859 war das gemeinsame Gründungsjahr des Kreditvereins zu Mügeln und des Spar- und Vorschussvereins zu Wermsdorf. Das deutsche Vaterland hatte damals große wirtschaftliche Nöte zu bestehen. Die Gedanken des hervorragenden Wirtschaftlers Schulze –Delitzsch, dass diese Wirtschaftsnot, die hauptsächlich den Mittelstand betraf, nur durch einen Zusammenschluss des Mittelstandes in Genossenschaften gelindert werden zu könne fanden mehr und mehr Aufnahme. Die Lösung lautete: „Einer für Alle, und Alle für Einen!“ Dieser lebendige Gedanke gelangte damals auch in Mügeln und in Wermsdorf zur Verwirklichung und es kam zu Genossenschaftsgründungen, an denen sich in Mügeln 69 und in Wermsdorf 23 Personen beteiligten, die je einen Geschäftsanteil zum Grundstock zeichneten. Der erste Gesamtvorstand des Kreditsvereins zu Mügeln setzte sich aus folgenden Herren zusammen: Aktuar Feist, Kontrolleur J. L. Nötzold, Zimmermeister T. Grellmann,
Seifensieder Kraft, Ökonom Stolze, Sattlermeister und Rathmann
Hummitzsch, Schuhmachermeister Erfurth, Klempnermeister Nitzschke,
Agent H. Thieme, Beutlermeister Nöbel, Eisenhändler J. G.
Thießig und Rathmann Gustav Strahmer. Beide Genossenschaften nahmen seit ihrer Gründung eine fast gleichmäßige,
fortgesetzte günstige Entwicklung und die Mitgliederzahl wuchs
in Mügeln von 69 im Jahre 1859 auf 379 im Jahre 1870, mit einem
Geschäftsguthaben von 13812 Thalern. In Wermsdorf stieg die Mitgliederzahl
während der gleichen Jahre von 23 auf 554 mit einem Geschäftsguthaben
von 10711 Thalern. Der Hauptzweck der beiden Vereine wurde darin erblickt,
seinen kreditbedürftigen Mitgliedern Gelder gegen Schuldschein – Handdarlehen – zum
billigen Zinssatz zu verschaffen. Später wandte man sich besonders
in Wermsdorf infolge vermehrten Eingangs von Spareinlagen mehr dem
Hypothekengeschäft zu. Bei Ausleihung der Hypothekendarlehen wurde
der Grundsatz geübt, die Gelder fast nur auf Grundstücke
in Wermsdorf und Mügeln oder deren nächster Umgebung auszuleihen.
Der allgemein übliche Zinsfuß für Hypothekendarlehen
betrug damals 5 Prozent neben einer Provision für die Ausleihung.
Für entnommene Vorschüsse zahlten, nach alten Aufzeichnungen
aus dem Jahre 1864, die Mitglieder 5 Prozent Zinsen und ½ Prozent
Provision für 3 Monate, während 4 Prozent Zinsen für
Spareinlagen vergütet wurden. In späteren Jahren wurde die
Provision auf 1/3 Prozent für den gleichen Abschnitt herabgesetzt;
gleichzeitig sanken auch die Spareinlagen bis 31/2, 31/3 Prozent. Die Verwaltungen der beiden Vereine ließen sich durch die wirtschaftlich
ungünstigen Verhältnisse der 90er Jahre, die zu großer
Vorsicht mahnten, nicht entmutigen, sondern arbeiteten für die
genossenschaftliche Idee unentwegt weiter und das ihnen entgegengebrachte
Vertrauen half über diese Zeiten hinweg. 52.974.999.000.252.401,00 Mark in Mügeln Das Jahr 1924 brachte mit der Eröffnung der ersten Goldmarkbilanz
ein nüchternes Erwachen. Mügeln hatte jetzt nur noch Werte über
Goldmark 100.674,99 und Wermsdorf über Goldmark 171.159,64. Mit
dem Gefühl, jetzt wieder festen Boden unter den Füssen zu
haben, allerdings verarmt, wurde die Arbeit mit dieser kleinen Summe,
gestützt auf eigene Kraft, wieder von neuem begonnen. Es war jetzt
auch die Zeit des Wunders der Rentenmark, für die deutscher Boden
verpfändet war und die als wieder wertbeständiges Zahlungsmittel
von der Deutschen Rentenbank in de Verkehr gebracht wurde. Hier sei
auch an das von zahlreich deutschen Städten ausgegebene wertbeständige
Rotgeld erinnert. Am Ende des Jahres 1924 verfügte Mügeln
schon wieder über ein Betriebskapital von Rmk. 560.083,85 und
Wermsdorf über Rmk. 483.878,40 und man konnte feststellen, dass
das in die eigene Kraft gesetzte Vertrauen nicht getäuscht hatte.
Das Jahr 1925 ist von besonderer Bedeutung gewesen, weil es die Verschmelzung
beider Institute, der Mügelner und der Wermsdorfer Bank e. G.
m. b. H. brachte, die seitdem als Mügeln – Wermsdorfer Bank
e. G. m. b. H. mit dem Sitz in Mügeln ins Genossenschaftsregister
eingetragen wurde. Zu gleicher Zeit wurde in Oschatz im Zusammenarbeiten
mit dem früheren Landbund Oschatz, im Landbundhaus, eine Zeigniederlassung
errichtet, deren Entwicklung den Erwartungen entsprach. Die beiden
verschmolzenen Banken wirken nun zusammen im Interesse ihrer 1593 Mitglieder
und ihrer zahlreichen Geschäftsfreunde und Spareinlager aus dem
Bezirk der Amtshauptmannschaft Oschatz und deren angrenzenden Gebiete.
Das vereinigte Kapital betrug im Verschmelzungsjahr Rmk. 1.709.393,60.
Es nahm in den nächsten Jahren in starkem Maß zu, bis die
große Wirtschaftskrise und in deren Auswirkung die Bankenkrise
im Jahre 1931 hemmende Einflüsse ausübten. Nachteile entstanden
auch durch das ungenossenschaftige Verhalten einiger Beamter, was zu
Verlusten führte, die zusammen mit den Einbußen durch die
Wirtschaftskrise nur durch Abschreibung der vorhanden Reserven und
durch einen Zuschuss aus den von Reichsseite für Verluste bereitgestellten
Mitteln voll gedeckt werden konnten. Oswald Stoehr, Direktor, Mügeln seit 1932 Hauptamtlich Dem derzeitigen Aufsichtsrat gehören folgende Herren an: Bernhard Winkler, Bauer, Fremdiswalde seit 1905 Schaffende Stände haben die Bank gegründet! nach dem Grundsatz: „Einer für Alle, Alle für Einen“. Mügelner Tagesblatt 08. Dezember 1934 |
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