Legendärer
Gang freigelegt?
Aushub an der Postmeilensäule legte Gewölbe offen
Mügeln. Für Aufregung unter den Mügelner Passanten
sorgte am Donnerstag, dem 5. März, ein Bagger, der neben der
Postmeilensäule am Schulplatz ein Loch aushob.
Der Erdaushub steht im Zusammenhang mit der Baugrunduntersuchung
des Terrains. Hier soll im Rahmen der Stadtsanierung ein neues
Geschäftshaus entstehen.
Unter den vorbeikommenden Bürgern machte sich Unmut breit,
dass sie nicht informiert wurden, was hier entstehen soll. Sie
fürchten, dass die Straßenkreuzung durch den Neubau
noch unübersichtlicher wird. Rentner gaben sich bei schönem
Wetter hier gern ein Stelldichein.
Als der Bagger dann noch ein unterirdisches Gewölbe freilegte,
wurden verschiedene Spekulationen laut. Vermutet wurde, dass es
sich bei dem Gewölbe um einen Teil des sagenumwobenen unterirdischen
Ganges handelt, der früher einmal das Schloss Ruhethal und
das Kloster Sornzig verbunden haben soll.
Diesen Spekulationen fehlt laut Günter Thiele, Vorsitzender
des Mügelner Heimatvereins, jede Grundlage. „Hier ist
kein Gang denkbar, da der gesamte Untergrund ein einziger Sumpf
ist“. Zwar gebe es unterirdische Fluchtgänge aus der
Stadt und riesige Kellergewölbe unter der Hackstraße,
doch nach Meinung des Heimatforschers stehen diese nicht im Zusammenhang
mit dem legendären Gang zum Kloster Sornzig.
Laut Dieter Köhncke von der Mügelner Baugesellschaft
HKU (ehemalige ZBO) ist das freigelegte Gewölbe dem Keller
der Bäckerei Sachse zuzuordnen, die bis in die 60er Jahre
hier stand. Nach dem Abbruch der Bäckerei wurde der Platz
mit Gehwegplatten bedeckt. Dabei brach ein LKW in das unterirdische
Gewölbe, das mit Sand verfüllt war, ein. Nach Aussagen
von Augenzeugen erwische der HKU-Bagger genau die Stelle, wo damals
der LKW eingebrochen war.
Klarheit, wohin die Postmeilensäule versetzt werden soll,
besteht bis heute noch nicht. Die Umsetzung soll aber von einer
Spezialfirma vorgenommen werden. Für Günter Thiele ist
es am wahrscheinlichsten, dass sich die Postmeilensäule, die
mehrmals versetzt wurde, jetzt an ihrem ursprünglichen Standort
befindet, da sich hier früher das Lommatzscher Tor befand.
OAZ vom 7./8.03.1992 F.H
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