Aus der Geschichte
der Stadt Mügeln
Seine Entstehung verdankt das Städtchen Mügeln anscheinend
der Lage am Kreuzungspunkt zweier alter Richtwege und der Tatsache,
dass die Meißner Bischöfe im Jahre 1064 ihren Fuß in
diesen Landstrich setzten. In späteren Jahrhunderten führten
dann die großen Verkehrswege weit an dieser Gegend vorbei
und das kleine Landstädtchen „versank“ in den
Weiten der Lößhügellandschaft. So nahm die Bevölkerungsentwicklung
einen sehr langsamen Verlauf.
Wie allen Ortschaften Nordsachsens brachten die Husitteneinfälle,
der Dreißigjährige, der Siebenjährige Krieg und
die Befreiungskriege schwerste Belastungen für die Bevölkerung
Mügelns, und führten fast zum Erlöschen der Siedlung.
Die abgeschiedene Lage des Städtchens führte, vor allem
im 19. Jahrhundert, immer wieder zu einem Rückgang der Bevölkerungszahl,
da der Weggang von Betrieben oftmals auch den Wegzug dazugehöriger
Beschäftigter mit ihren Familien zur Folge hatte. So war es
ein Glück für unser Städtchen, dass es bis zum Jahre
1952 sein Amtsgericht behielt und so ein kleiner administrativer
Mittelpunkt blieb.
Zu einem wirtschaftlichen Niedergang kam es nach dem 2. Weltkrieg.
Da auch Mügelner Betriebe unter die Reparationsverpflichtung
fielen, wurden die Maschinen in den Betrieben demontiert, und in
die Sowjetunion abtransportiert. Zum ersten Male in der Geschichte
kam es zu einem starken Bevölkerungszuwachs. Durch die Vertriebenen
aus Schlesien und Ostpreußen stieg die Bevölkerungszahl
Mügelns von ca. 3500 vor dem Krieg auf 4638 im Jahre 1946
an. Dabei muss man bei der ersten Zahl noch die vielen Vermissten
und Gefallenen berücksichtigen. Mit den heutigen Eingemeindungen
hätte Mügeln ca. 8000 Einwohner gehabt. Es gab Dörfer
in der Mügelner Pflege, wo sich die Bevölkerung durch
den Flüchtlingsstrom nahezu verdoppelte.
Es herrschten zum Teil unvorstellbare Lebensbedingungen. Zu den
Wohnungs- und Versorgungsschwierigkeiten kamen die „Befehle“ der
sowjetischen Besatzungsmacht. Alle Autos und Motorräder mussten
abgeliefert werden. Als unter schwersten Strafandrohungen die Fahrräder
und Radios abgeliefert werden mussten, war die Bestürzung
groß.
Eine leichte Verbesserung der Wohnverhältnisse in Mügeln
gab es durch die Abwanderung vieler Familien nach dem Westen Deutschlands
und durch die Gründung der AWG (Arbeiterwohnungsbaugenossenschaft).
Durch diese wurden im Süden der Stadt ab 1954/55 einige Mehrfamilienhäuser
gebaut. In den späteren Jahren wurden viele Wohnungen durch
die Mügelner Betriebe und die Kemmlitzer Kaolinwerke neu gebaut
oder modernisiert. Dazu kam in den Jahren eine große Zahl
von Eigenheimen. Alle diese Eigenheime wurden in reiner Feierabendtätigkeit
geschaffen.
Im Jahre 1959 vergrößerte sich Mügeln durch die
Eingemeindungen von Altmügeln, Crellenhain, Schlatitz, Berntitz
und Schlagwitz.
Manche Verbesserungen in der Stadt wurden auch durch NAW geschaffen.
Das war freiwillige, unbezahlte Arbeit nach Feierabend, wie zum
Beispiel beim Neubau des Kinos in Mügeln.
Der Zustand unserer Rathausfassade bis vor zwei Jahren ist typisch
für den allgemeinen Verfall vieler Gebäude unserer Städte
und Dörfer. Dies ist aber nicht (wie manche meinen) ein Ausdruck
der Dummheit und Faulheit unserer Bürger, sondern der personifizierte
Ausdruck staatlicher Zentralisierung. Die Steuern aller Betriebe,
selbst die Gewinne, gingen in den Staatshaushalt.
Von der Regierung und einer staatlichen Plankomission wurde festgelegt,
wo investiert wird, und wie Geld „verteilt“ wird. So
konnte es geschehen, dass eine Kleinstadt wie Mügeln, außer
den Löhnen für die Verwaltungsangestellten, jahrelang
kaum Geld erhielt.
Wurde nach dem Krieg die gesamte Volkswirtschaft zur Erfüllung
der Reparationsverpflichtungen angespannt, so wurden in den letzten
Jahren der Aufbau von Berlin und andere zentrale Aufgaben favoritisiert.
Privaten Grundstücksbesitzern erging es nicht anders. Teuren,
und fast nur über Zuteilung erhältlichen Baumaterialien,
standen Mieten gegenüber, welche seit 1936 eingefroren waren
und mit denen ein Hauseigentümer sein Grundstück nicht
entsprechend erhalten konnte. Menschen, welche nach 1945 zufällig
in einem anderen Landsteil Deutschlands aufgewachsen sind, werden
wohl nie imstande sein, diese Zusammenhänge zu begreifen.
Trotz dieser widrigen Umstände haben sich viele Menschen
unserer Heimat, mit viel Fleiß und Entbehrungen ein schönes
Heim, oder zumindest eine schöne Wohnung geschaffen. Die niedrigen
Löhne zwangen viele Menschen ein zweites Arbeitsverhältnis
aufzubauen. Mit diesem Zusatzverdienst wurden die Eigenheime, die
Wohnungen, und der zugegeben bescheidene, aber gegenüber unseren östlichen
Nachbarn gehobene Lebensstandard bestritten. Darauf sind viele
unserer Mitbürger, mit Recht, auch heute noch stolz.
Die beginnende Serie wird keine geschlossene Chronik. Es sind
nur einzelne Episoden aus der Mügelner Geschichte. Es soll
gezeigt werden, wie Mügeln entstand, wie es sich in den Jahrhunderten
entwickelte und wie vor ca. 100 – 200 Jahren Mügelner
Bürger versuchten, ihre Stadt wirtschaftlicher aufzubauen
und, immer an den Maßstäben einer Kleinstadt gemessen,
ein beeindruckendes Gemeinwesen geschaffen haben.
Heute stehen wir vor einer ähnlichen, aber anscheinend noch
schwierigeren Aufgabe. Wir müssen von unseren Vorfahren wahrscheinlich
auch lernen zusammenzuhalten, sich gegenseitig zu unterstützen,
und immer wieder anzupacken.
Mügeln – unsere Heimatstadt
Mügeln liegt in einer kleinen Talmulde, am Mittellauf des
Döllnitzbaches, welcher bei Riesa in die Elbe mündet.
Mit seinen ca. 5200 Einwohnern gehört unser Städtchen
zum Kreis (Oschatz) Torgau - Oschatz. Dieses Döllnitztal bestimmte
auch den Siedlungscharakter. Die West-Ost-Ausdehnung Mügelns
beträgt ungefähr einen Kilometer, während die Nord-Süd-Ausdehnung
ohne die späteren Eingemeindungen, vom Mühlgraben bis
hinter den „Hack“, nur ungefähr 250 Meter beträgt.
Der Marktplatz Mügelns liegt etwa 150 Meter über dem
Meeresspiegel, während die Mügeln umgebenden Hügel
bis ungefähr 225 Meter Höhe ansteigen. Die höchste
Erhebung unserer engeren Heimat ist der Collm im Wermsdorfer Wald,
mit 318m Höhe. Er befindet sich in ca. 10 km Entfernung nördlich
von Mügeln. Im nördlichsten Zipfel der Lommatzscher Pflege,
einem fruchtbaren Lößlehmgebiet, liegt Mügeln im Übergang
vom mittelsächsischen Bergland zum nordsächsischen Tiefland.
Bergland durch den fruchtbaren Lößboden und günstige
klimatische Bedingungen, wurden hier schon von jeher guten Ernten
erzielt und die Bauern unserer Dörfer lebten in relativem
Wohlstand. In den umliegenden Dörfern gab es stattliche Bauernhöfe
mit stolzen Bauerngeschelchtern. Schon Melanchthon nannte die Lommatzscher
Pflege „Sachsens Schmalzgrube“.
Ein Chronist schrieb vor ca. 120 Jahren: „Wenn du in Oschatz
aus dem Zug steigst und ungefähr zwei Meilen in das Land wanderst,
da kommst du in eine Gegend, wo Kirschbäume stehen, mit über
eineinhalb Meter Umfang, und wo das Korn über zweieinhalb
Meter hoch wächst! Das ist die Mügelner Pflege!“
Diese Mügelner Pflege umfasste einmal in ihrer größten
Ausdehnung als Amtsgerichtsbezirk 72 Ortschaften. Damit war Mügeln
ein kleiner gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Mittelpunkt.
Von Mutzschen und Wermsdorf im Westen, bis Ostrau und Jahna im
Osten, einschließlich Zaschwitz und Kiebitz im Süden
erstreckte sich das Amt Mügeln. Die vor ca. 100 Jahren von
fortschrittlichen Bürgern angesiedelte Industrie, hatte sich
in den Jahren zu Betrieben mit beachtlichen Exportleistungen entwickelt.
Das waren die Keramik- und Ofenwerke; ein Chemiewerk, die „Lipsia“;
die Firma Rammer, ein Betrieb welcher sich vor allem auf Bau- und
Glasmischer spezialisiert hatte und seit dem 2. Weltkrieg die Firma
Feuerbach, ein Maschinen- und Blechbearbeitungswerk. Zur kleineren
Mügelner Industrie zählten weiterhin die Mügelner
Molkerei mit dem später angebauten Käsewerk und die „Varia“,
eine Fabrik für chemischen Büro- und Schulbedarf. Diese
Betriebe gaben den Bewohnern von Mügeln „Lohn und Brot“.
Dazu kamen noch die genossenschaftlichen Einrichtungen der Landwirtschaft.
Wobei man „genossenschaftlich“ nicht mit „sozialistisch“ im
negativen Sinne entwerten darf. Die genossenschaftlichen Einrichtungen
der Bauern der Mügelner Pflege, waren in vielem für Sachsen
vorbildlich. Auch sie waren vor ca. 80 bis 100 Jahren entstanden.
Zu ihnen gehörten u. a. die Molkerei Mügeln mit ihren
Zweigstellen in Oschatz, Dahlen, Ostrau und eigener Verkaufsstelle
in Leipzig, das Kornhaus, mit seinen Nebeneinrichtungen und angeschlossener
Bauernbank, sowie die „Kartoffelflocke“ in Grauschwitz.
Ebenfalls zur „Mügelner Industrie“ gehörte
das ca. 4 km westlich von Mügeln gelegene Kemmlitz, mit der
größten Kaolinlagerstätte der ehemaligen DDR. Kemmlitz
wurde auch vor ca. 100 bis 120 Jahren erschlossen. Die Erschließung
war ja auch mit der letzte Auslöser für den Bau der Kleinbahn,
denn der anfallende Transport wurde durch die Kleinbahn bis in
die heutige Zeit erledigt. Durch diese umfangreichen Transporte
wurde der Bahnhof Mügeln zeitweise zum größten
Betrieb in der Stadt.
Durch die „Misswirtschaft“ der letzten DDR-Jahre und
die „Strukturierungspläne“ der Treuhand sind nun
diese Betriebe fast alle geschlossen, oder kämpfen verzweifelt
ums Überleben.
Wichtige Einrichtungen der Stadt für die Bevölkerung
Mügelns und deren Umland, waren das ehemalige Krankenhaus,
in den letzten Jahrzehnten als Landambulatorium, mit vielen Arztstellen
und medizinischen Einrichtungen, die Goetheschule in Mügeln
und die Heinrich-Rau-Schule in Altmügeln, als Polytechnische
Oberschulen mit allen ihren Einrichtungen zur Beschäftigung
der Schüler auch nach Schulschluss, sowie die immer noch gern
genutzte zentrale Bibliothek und das inzwischen geschlossene Lichtspieltheater.
Das städtische Freibad und der von der Mügelner Sportgemeinschaft
genutzte Sportplatz waren, und sind noch gern besuchte Einrichtungen.
Mügeln war in den vergangen Jahrzehnten auch wegen seiner
Kulturensembles bekannt. Der Crellenhainer Männerchor, der
Mügelner Volkschor (heute Döllnitztalchor) und die Altmügelner
Pioniere waren weithin über die Kreisgrenzen bekannt. Das
Altmügelner Pionierensemble und das Schallmaienorchester Mügelner
Schüler hatten es sogar bis zum DDR-Meister gebracht. Bekannt,
und auch heute noch beliebt, ist die Kemmlitzer Bergmannskapelle
unter ihrem langjährigen Leiter Johannes Fleischer.
Ein großer Arbeitgeber war schon von alters her das Kammergut
Mügeln. Aus einer bischöflichen Domäne hervorgegangen,
war dieses Staatsgut mit seinen verschiedenen Produktionsgebieten
eine weithin bekannte Ausbildungsstätte für landwirtschaftliche
Lehrlinge. Im zum Staatsgut gehörenden Schloss Ruhethal befand
sich das Lehrlingswohnheim. Dieses Schloss hatte sich in den letzten
Jahren vor der Wende immer mehr zu einem Kulturzentrum entwickelt.
In den riesigen Tonnengewölben der Keller befand sich ein
Jugendclub. In den verschiedenen Räumen trafen sich Vereine.
Die Rentner trafen sich zu ihren Kaffeenachmittagen. Im Klubraum
und im Bischofszimmer fanden Kulturveranstaltungen statt. Und das
Turmcafe war ein beliebter Ort für Familien- und Brigadefeiern,
für Gäste aus nah und fern. Dieses Schloss steht nun
schon lange Zeit leer, und ist von der Landesregierung Sachsens
zum Verkauf freigegeben.
Das Gebiet um Mügeln ist schon seit Jahrtausenden besiedelt.
Dies wird uns durch Bodenfunde bestätigt. Die Umgebung Mügelns
zählt mit zu den fundreichsten Gebieten Sachsens. Bedingt
ist dies vor allem durch ein fast 110jähriges kontinuierliches
Laienforschen in Mügeln und Umgebung. Auf ewig damit verbunden,
die Namen des Sattlermeisters Hummitzsch und des Lehrers Edler.
In der näheren Umgebung Mügelns gibt es über 250
Fundstellen. Angefangen von einem Fund der Altsteinzeit (ca. 150
000 v. u. Z.), über Funde der Jungsteinzeit (ca. 4500 – 1800
v. u. Z.), der Bronzezeit, der Römischen Kaiserzeit, finden
wir in der Mügelner Gegend slawische und frühdeutsche
Relikte in fast allen Ortslagen.
Bereits die Bewohner der Jungsteinzeit waren in unserer Gegend
fest ansässig. Sie waren die ältesten Ackerbauern in
unserem Territorium. Die anschließende Bronzezeit, welche
archäologisch bis um etwa 450 v. u. Z. gerechnet wird, ist
in all ihren Stufen in Schweta und Schlanzschwitz-Leubener Flur
belegt.
Beim Bau der Kartoffelflocke (heute Gewerbegebiet Schweta) in
Grauschwitzer Flur wurden Relikte aus dieser Zeit sowie Gräber
mit Beigaben geborgen. Ein sehr kunstvoll verziertes Flachbeil
aus Bronze, welches bei Schweta gefunden wurde, befindet sich im
Landesmuseum Dresden.
Frühe Germanen, welche ethnisch als unsere ersten Vorfahren
anzusprechen sind, wurden in Schweta-Leubener Flur nachgewiesen.
In der so genannten römischen Kaiserzeit (ca. 450 v. d. Z.
bis 380 u. Z.) haben sie dort gelebt. Beim Bau des Rinderkombinates
(1974 – 1978) wurden großflächige Grabungen durchgeführt.
Dabei wurden u. a. Grubenhäuser einer Siedlung, über
40 Eisenschmelzöfen, kleinere Kalkbrennöfen und dazugehörende
Scherben gefunden. Es wurde festgestellt, dass diese Siedler dem
Stamm der Hermunduren zugeordnet werden können, und dass diese
Siedlung über Jahrhunderte genutzt wurde. Ja, dass diese Siedlung
noch bestand, als um etwa 600 nach der Zeitenwende die Slawen in
unsere Gegend einwanderten.
Diese Feststellung ist für das Mügelner Stadtgebiet
von Interesse. Gezielte Untersuchungen im direkten Stadtgebiet
konnten noch nicht durchgeführt werden. Bei Begehungen in
den Gärten südlich der Hauptstrasse wurden nur große
Mengen der so genannten blau-grauen Ware des 13./14. Jahrhunderts
gefunden. Interessant ist, dass bei den Ausgrabungen am Markt inmitten
einer großen Menge moderner Bestattungen, in stehen gebliebenem
Boden bronzezeitliche Urnengräber gefunden wurden. Des Weiteren
wurden in diesem Ausgrabungsgebiet Scherben und ein Gefäß der
Eisenzeit gefunden. Dies zeigt uns, dass es selbst im direkten
Stadtgebiet schon vor Jahrtausenden Menschen gelebt haben. Bildet
doch das Gebiet des Marktes eine kleine erhöhte Insel im Urstromtal
der Döllnitz. Diese Funde zeigen uns aber auch, dass es sich
lohnt, bebauten und scheinbar in den Jahrhunderten immer wieder
umgedrehten Boden archäologisch zu untersuchen.
Bei den fast parallel zu den Ausgrabungen am Markt verlaufenden
Untersuchungen am Poetenweg konnte eine Fülle von Bodenfunden
sichergestellt werden: Unmengen von Scherben, einige wenige vollständig
erhaltene Gefäße, Steine, Steingeräte, große
Mahlsteine, Schleifsteine, so genannter Hüttenbewurf mit Rutenabdrücken
usw.
Die genaue Auswertung der sehr umfangreichen Funde soll noch erfolgen.
Aber im vorläufigen Abschlußbericht wird festgestellt:
Bei der Grabung wurde der „Randbereich“ einer jüngstbronzezeitlichen
(möglicherweise bis in die frühe Eisenzeit reichende)
Siedlung untersucht. Dazu muss man sagen, dass die Untersuchungsfläche
eine Größe von 6000qm hatte. Es ist ein Teil der Fläche,
wo heute die neuen Wohnhäuser stehen.
Es wurden Scherben der frühen und späten Bronzezeit
sowie Scherben der römischen Kaiserzeit gefunden. Das heißt,
diese Siedlung bestand viele Jahrhunderte, und man denkt dabei
unwillkürlich an Schlanzschwitz-Leuben. Auf dem freigelegten
Gelände waren nur mit Mühe einige Hausgrundrisse festzustellen,
denn die Pfostenlöcher waren so dicht und an so vielen Stellen
von sich überschneidenden Zäunen gestört, dass eine
Zuordnung in den meisten Fällen unmöglich war. Man muss
sich vorstellen, dass in den vielen Jahrhunderten durch Verrottung
oder Feuer die Hütten ja immer wieder aufgebaut wurden. Am östlichen
Rand der Ausgrabungsfläche konnte eine Grube als Kult- oder
Opfergrube interpretiert werden.
Über 70 Bodengruben wurden untersucht. Außerdem wurden
am östlichen Rand Hinweise auf handwerkliche Produktion festgestellt,
Keramikherstellung, Schlacke, so dass man davon ausgehen kann,
dass sich die Siedlung in westlicher Richtung oberhalb der Talau
(hochwassergeschützt) entlang zog. Man könnte annehmen,
dass das bronze- und früheisenzeitliche Gräberfeld hinter
Neusorge mit dieser Siedlung in Zusammenhang steht.
Auf Grund dieser Ausgrabungen kann man zumindest für die
direkte Ortsflur von Altmügeln feststellen, dass diese anscheinend
fortdauernd seit Jahrtausenden besiedelt ist.
Die um 600 u. Z. bei uns eingewanderten Slawen drängten in
unserer engen Heimat um Mügeln, den Wald fast bis in seine
heutigen Grenzen zurück. Sie benannten die Hügel und
Bäche. Fast alle unsere Ortsnamen sind sorbischen Ursprungs.
Die immer stärker werdenden Auseinandersetzungen zwischen
Franken und Sorben endeten im Jahre 929 mit der Niederwerfung der
Daleminzier durch Heinrich I. Nach der Sachsengeschichte Widukinds
von Corvey (990 – 1000), belagerte Heinrich I. 30 Tage lang
das legendäre Gana, eine Hauptburg der Daleminzier, und brachte
ihnen eine vernichtende Niederlage bei. Dieses Gana soll nach neuesten
Forschungen der Burgberg bei Hof sein.
Damit waren unsere direkten Vorfahren im Lande. Es sollten aber
noch Jahrhunderte vergehen, bis das Land ruhig und sicher war und
sich aus den im Lande verbliebenen Sorben und den immer weiter
in das Land ziehenden Siedlern ein einheitliches Volk gebildet
hatte. Dass die sorbische Sprache in unserer Gegend, bis in das
14. Jahrhundert weit verbreitet war, belegt ein Verbot aus dem
Jahre 1327. Bei Androhung schwerer Strafen wurde verboten, bei
Klagesachen und vor Gericht die „wendische Sprache“ zu
benutzen.
Bis vor wenigen Jahrzehnten kannten wir unweit Mügelns noch
ein „Deutsch - Luppa“ und „Wendisch – Luppa“.
Dort hatten sich die „fränkischen“ (deutschen)
Siedler, neben der alten Siedlung niedergelassen und ihrem Ort
den gleichen Namen gegeben.
Nachdem der deutsche König Heinrich I. bis zum Jahre 932
auch noch die Lausitz unterworfen hatte, teilte er das Land in
Marken ein. Diese Marken wurden von Marktgrafen verwaltet. Unser
Gebiet gehörte zur Mark Meißen.
Ein Burgwardsystem wurde eingerichtet. Dabei wurden oftmals das
sorbische Burgwardsystem und die sorbischen Befestigungen verwendet.
Das Gebiet um Mügeln gehörte zum Burgward „serebez“ (Schrebitz).
Die Bevölkerung der umliegenden Dörfer wurde für
Dienste und Abgaben herangezogen. Da die deutschen Burgbesatzungen
Christen waren, muss es in diesen Burgwarden schon kleine Kirchen
oder Kapellen gegeben haben.
In diese Zeit fallen die bekannten Ersterwähnungen solcher
Orte wie Meißen (929), Wurzen (961), Magdeborn (970) und
Mügeln als „ad mogelin“ im Jahre 984.
Das war zugleich eine der ersten Verbindungen von Merseburg an
der Saale, über den Leipziger Raum, nach Meißen, der
Weg, den die Ablösungen der Burgbesatzungen, die Händler
und neue Kolonisten zogen. Da dieser Weg in späteren Jahrhunderten
vor allem über bischöfliches Land führte, nutzten
ihn noch einige Jahrhunderte die Meißner Bischöfe und
ihre Bediensteten.
Günter Thiele
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