Heimatgeschichte
Schweta wird 750 Jahre alt
Seit 1973 in die Gemeinde Niedergoseln „eingemeindet“,
ist Schweta mit Abstand der größte Ort dieses Gemeindeverbandes,
wozu ja noch Mahris, Zschannewitz, das ehemalige Schwednitz, Lüttnitz
und Grauschwitz gehören. Wie bei so vielem ging es ja bei
dieser Gründung nicht nach der Größe des Ortes,
sondern nach der „Macht“!
Schweta mit Schlanzschwitz, so war die Bezeichnung der Gemeinde
seit dem 22.4.1839. An diesem Tage wurde Schlanzschwitz mit Schweta
vereinigt.
Am 7.11.1838 kam mit der Landgemeindeverordnung für Sachsen
die einschneidenste Maßnahme für die ländlichen
Gemeinden in unserem Lande. Zum ersten mal konnten Wahlen von Gemeindevertretern
unter Ausschluss der Rittergüter durchgeführt werden.
Schlanzschwitz hatte 1839 140 h Land, 3 Bauerngüter und 11
Drescherhäuser, wovon 9 zum Rittergut Schweta gehörten.
So bildete Schlanzschwitz mit Schweta eine Gemeinde und wählte
am 22.4.1839 den ersten Gemeindevorstand in der Person des Ortsrichters
Johann Traugott Harz. Einige seiner Nachfolger waren: 1841 Heinrich
Däweritz; 1859 Traugott Hempel; 1882 Wilhem Pinkert; 1888
August Hanschmann; 1907 Edmund Hinkelmann; 1911 Otto Hofmann.
Unsere Dörfer waren ja alle Gutsdörfer, das heißt
ein oder mehrere Güter und die dazugehörigen Tagelöhner
bildeten ein Dorf. So haben wir es auch bei Oetzsch und Wetitz.
Am 23.3.1839 wählten die ansässigen und unansässigen
Gemeindemitglieder des Dorfes Wetitz ihren ersten Gemeindevorstand
und Gemeindeältesten. Da die Gemeinde nicht mehr als 25 ansässige
Mitglieder zählte, kam nach § 54 der Landgemeindeverordnung
der Gemeinderat in Wegfall und alle stimmberechtigten Mitglieder
bildeten die Gemeindeversammlung. Auf Grund vieler Versammlungen
welche wir heute miterleben, können wir uns gut vorstellen,
wie es in diesen Gemeindeversammlungen zugegangen sein muss! Zum
Schluss werden die Großbauern, Rittergutsbesitzer und die
von ihnen vorgeschobenen Männer doch meist das Sagen gehabt
haben. Im Jahre 1877 regte auch hier die Amtshauptmannschaft die
Bildung eines Gemeinderates an. Und am 25.3.1877 wurden als die
ersten Gemeinderatsmitglieder die Ansässigen Ehregott Böhme
und Mühlenbesitzer Karl Silbermann und der Unansässige
Karl Kirchhübel gewählt.
Die Revolution von 1918 muss in dem kleinen Wetitz ja einen tüchtigen
Wirbel verursacht haben. Denn am 20.11.1918 wählte man einen
Dorfrat. In ihm waren vertreten 2 Besitzer,
2 Arbeiter und 4 Frauen! Durch Hinzunahme von Oetzsch wurde dieser
zu einem Bauern- und Landarbeiterrat umgebildet. Dieser bestand
aus drei Besitzern und drei Arbeitern. Die Frauen waren wieder „weg
vom Fenster!“ – Die Folgezeit brachte dann in diesem
Ort das „Gemeindeverordnetenkollegium“ mit einem Geschäftsführer,
welcher den Titel Bürgermeister zu führen hatte.
Das Gutsdorf Oetzsch war ein typischer Vertreter der Gutsdörfer
in der Umgebung Mügelns. Nach dem Dreißigjährigen
Krieg standen außer dem Rittergut 5 Häuser. Darin wohnten
die Hofeleute Valentin Schuster, Ambrosius Engel, Hans Planitz,
Urban Naumann, Sebastian Nollin und Michael Wedler. Mit der Zeit
vergrößerte sich das Dorf. Um 1800 standen im Dorf 26
Häuslergebäude mit 155 Einwohnerschaft besaß nicht
einmal 5 Scheffel Grundbesitz. Und im ganzen Dorf standen 2 Kühe.
Im gleichen Jahr hatte das Rittergut 130 Scheffel (das ca. 56 ha),
an Vieh waren vorhanden: 5 Pferde, 15 Kühe und 99 Schafe.
Durch ihre Arbeit auf dem Rittergut verdienten sich die Tagelöhner
ihren kargen Unterhalt. Denn für das bisschen Grund und Boden,
auf dem ihre kleinen Häuschen standen, hatten sie ja nicht
geringe Verpflichtungen zu leisten. Bis zu 4 Taler Erbzins, 6 bis
12 Hofetage, und vieles andere mehr! Die jährlichen Einnahmen
des Rittergutes von den Untertanen zu Oetzsch und Wetitz waren
deshalb nicht gering. Sie betrugen 97 Taler Geldzinsen, 33 Scheffel
Getreide, 9 Stück alte Hühner und 2 Schock und 1 Mandel
Eier. Da kann man sich leicht vorstellen, dass die Oetzscher Einwohner
nicht auf Rosen gebettet waren. In einer Eingabe vom Jahre 1829
heißt es u. a.: „Die Individuen der Gemeinde Oetzsch
sind meistenteils so unbemittelt und arm, dass sie, voraus im Winter,
wo sie mit ihrer Hände Arbeit sich und ihren in der Regel
zahlreichen Kindern das notdürftige Brot nicht verdienen können,
solches vor den Türen ihrer bemittelten Nebenmenschen zu suchen
genötigt sind.“ Mit anderen Worten, sie mussten betteln
gehen, oder ihre Kinder betteln schicken. In Niederschriften von
Mügeln findet man Hinweise, dass „solche Dörfer“,
welche zum Betteln in die Stadt wollten, entweder schon an den
Stadttoren oder dann aus der Stadt ausgewiesen wurden. Was blieb
dann noch außer betteln? Sich irgendwo etwas nehmen. Dazu
muss man wissen, dass der Rittergutsbesitzer gleichzeitig Amtmann
und Gerichtsherr war und ihm bis zur Einführung der Landgemeindeordnung
die Dorfbewohner auf Gedeih und Verderb ausgesetzt waren!
Am 1. Januar 1936 erfolgte die amtliche Zusammenlegung der Dörfer
Wetitz und Oetzsch. Also genau vor 55 Jahren. Im Zuge der Verwaltungsreform
erfolgte 1950 die Zusammenlegung von Wetitz – Oetzsch mit
Schweta.
Zur Gemeinde Schweta gehört auch noch Ockritz. Ockritz soll
ein kleines Dorf von 9 Hufen gewesen sein, welches 1429 von den
Hussiten zerstört wurde. Auf der Flur Ockritz wurde ein 6-Hufen-Gut
errichtet, welches 1552 Georg von Grauschwitz auf Saalhausen besaß.
Die übrigen 3 Hufen wurden von Wetitzer Einwohnern übernommen.
Bereits im Jahre 1587 kam die Flur Ockritz zu Schweta und gehörte
ständig zum Besitz des Rittergutes. Als Ockritz im Dreißigjährigen
Kriege wieder wüst wurde, wurden die Felder von Schweta aus
bestellt. Im Jahre 1795 wurde zur besseren Bewirtschaftung durch
das Rittergut das Vorwerk Ockritz errichtet.
Wenn man nun an der neugepflanzten Eiche auf der Höhe des
Grenzholzes steht und über das Döllnitztal blickt, kann
man sich kaum vorstellen, dass es außer den eng beieinander
liegenden Ortsteilen noch drei Wüstungen in den Schwetaer
Fluren gibt. Babritz, Welknitz und Lusitz. Über diese untergegangenen
Siedlungen, die weitere Geschichte des Dorfes Schweta, das nächste
Mal mehr.
Die Döllnitzaue bei Schweta mit ihrem ertragreichen Boden
war schon seit Jahrtausenden besiedelt. Eine Sensation war es für
das Landesmuseum in Dresden, als im Sommer 1974 Herbert Schulze
aus Leuben einen Weißpatinierten Faustkeil an der Sandgrube
nördlich von Schweta fand. Das ist das älteste Zeugnis
von der Anwesenheit urgeschichtlicher Menschen in unserer Gegend
und es war dies auch der erste Nachweis dieser Menschen für
Sachsen. Dieser Faustkeil aus Feuerstein wird von den Wissenschaftlern
als Universalgerät aus der Altsteinzeit gedeutet. Das Alter
wird mit 100 000 bis 200 000 Jahren angegeben. Diese Menschen waren
Jäger und Sammler und lebten in Horden. Sie werden in der
Döllnitzaue nur gelagert haben, gab es doch hier das unentbehrliche
Wasser.
Die Bewohner der Jungsteinzeit, welche von den Wissenschaftlern
für unsere Gegend in die Zeit von ca. 4500 bis 1800 vor unserer
Zeitrechnung angegeben werden, waren bereits fest ansässig.
Sie waren die ältesten Ackerbauern unserer Gegend. Diese Menschen
der Jungsteinzeit werden an Hand der Verzierungen ihrer Gefäßscherben
in die Bandkeramiker (die ältere Kultur) und die Schnurkeramiker
(die jüngere Kultur) unterteilt. Herd- und Abfallgruben, zum
Teil mit reichem Inhalt an Knochen und Scherben, sowie Werkzeuge
aus Felsgestein, zum Teil durchbohrt, finden wir nicht nur in der
Flur von Schweta. Fundorte sind bekannt aus Schlanzschwitz, Wetitz
und fast allen Ortschaften der Mügelner Gegend. Einer der
letzten Funde, welcher in diese Zeit gerechnet wird, gelang Lothar
Tietze aus Schlanzschwitz 1985. Es war ein durchbohrter Schuhleistenkeil,
wie man diese Werkzeuge nennt, aus Hornblendeschiefer. Er fand
dieses Stück, als er eine Nerzfarm östlich vom Ort zwischen
Sandgrube und der Bahnlinie errichten wollte. Die Meldung und die
Abgabe dieser Funde sind für unsere Wissenschaftler in Dresden
von großer Bedeutung.
Die anschließende Bronzezeit, welche archäologisch
bis um etwa 450 vor unserer Zeit gerechnet wird, wird in all ihren
Stufen in Schwetaer und Schlanzschwitzer Flur durch Bodenfunde
belegt. So befindet sich u. a. ein großes kunstvoll verziertes
Flachbeil aus Bronze im Landesmuseum in Dresden. Dies wurde bei
Schweta gefunden. Ein weiteres Beil aus Bronze wurde bei Oetzsch
gefunden. Das sind die attraktivsten Funde aus jener Zeit, welche
auch durch Herdgruben und Gräber aus den verschiedenen Epochen
der Bronzezeit belegt werden.
Frühe Germanen welche ethnisch als „unsere“ ersten
Vorfahren anzusprechen sind, haben auch bei Schweta ihre Spuren
hinterlassen.
In der römischen Kaiserzeit, im 1. bis 3. Jahrhundert unserer
Zeit, lebten Hermunduren in Schwetaer und in Leubener Flur. Uns
allen sind noch die großflächigen Grabungen des Landesmuseums
aus der Zeit von 1974 bis 1978 beim Bau des Rinderkombinates bekannt.
Der Aufschluss dieser Fundstelle wäre durch die ständigen
Fundmeldungen und Beobachtungen, durch Herrn Herbert Schulze aus
Leuben, nicht möglich gewesen. Hier zeigt sich, welche Bedeutung
die Arbeit der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Landesmuseums und
die Meldung von Funden durch die Bevölkerung, bei der Erforschung
unserer Heimat hat. Bei den Ausgrabungen wurden u. a. Grubenhäuser
einer Siedlung, über 40 Eisenschmelzöfen, kleinere Kalkbrennöfen
und dazugehörige Gefäßscherben gefunden.
Um etwa 600 nach der Zeitrechnung wanderten die Slawen in unser
Gebiet ein. Sie besiedelten das Land. Die Hermunduren hatten in
der Völkerwanderungszeit unser Gebiet verlassen. Die Slawen
teilten unsere Heimat in Gaue auf. Unser Gebiet um Mügeln
gehörte zum Gau „Daleminci“ mit der „Hauptstadt“ Glomaci,
wir sagen heute Daleminziergau und Lommatzsch. Die Sorben siedelten,
sie betrieben die Rodung und drängten den Wald, vor allem
in unserer engeren Heimat, fast bis in seine heutigen Grenzen zurück.
Bis auf wenige Ausnahmen sind die Siedlungen unserer Heimat sorbische
Gründungen. Das Verhältnis soll etwa 56:7 betragen. Alle
Ortschaften mit den Endungen itz, atz, atzsch, schütz, a und
au sollen sorbischen Ursprunges sein. Sie benannten die Bäche
und Hügel unserer Heimat und setzten sich damit ein Denkmal
bis in die heutige Zeit.
Die immer stärker werdenden Auseinandersetzungen zwischen
Franken und Sorben endeten im Jahre 929 mit der Niederwerfung der
Sorben durch Heinrich I. Nach der Sachsengeschichte Widukinds von
Corvey (um 960 bis 1000) belagerte Heinrich I. das legendäre
Gana, eine Hauptburg der Sorben, mehrere Wochen und brachte den
Sorben eine vernichtende Niederlage bei. Damit waren unsere direkten
Vorfahren im Lande. Es dauerte aber noch Jahrhunderte, bis das
Land ruhig und sicher wurde und sich aus den im Lande verbliebenen
Sorben und den immer weiteren neuen Siedlern aus Franken und Schwaben
ein einheitliches Volk gebildet hatte. Das die wendisch-sorbische
Sprache bis in das 14. Jahrhundert in unserer Gegend weit verbreitet
war, belegt ein Verbot aus dem Jahre 1325. Bei Androhung schwerer
Strafen wurde verboten, bei Klagesachen und vor Gericht die wendische
Sprache zu benutzen.
Und nun einmal die einzelnen Ortsteile von Schweta mit den ersten
bekannten urkundlichen Erwähnungen.
Die erste sichere urkundliche Erwähnung von Schweta stammt
aus dem Jahre 1241. Zu diesem Zeitpunkt wird ein Herrensitz benannt. „Zvete“,
so wird Schweta geschrieben, wird als Rodung, Lichtung gedeutet,
von dem altsorbischen svet = Licht.
Schlanzschwitz wird in einer Urkunde als Slonsewitz (die Leute
des Slawen Zlonis) im Jahre 1243 das erste Mal nachgewiesen. 1272
bestand in „Zlansitz“ ein Herrensitz.
Der Ortsname Euschicz soll das altsorbische ovca enthalten, das
bedeutet Schaf, Schafdorf, was auf eine Schäferei hinweist.
Man vermutet, dass in Oetzsch eine Großschäferei gestanden
hat.
Wetitz wurde 1271 als Wecuviz (die Leute des Slawen Vec oder Vet)
zum ersten Male erwähnt. Nach neusten Forschungen soll es
auch schon eine Erwähnung aus dem Jahre 1254 geben.
Die älteste Schreibweise und damit die erste urkundliche
Erwähnung von Ockritz lautet Ockernicz. Das bedeutet auf altsorbisch,
die Leute des Okora uns stammt aus dem Jahre 1445.
In Schwetaer Flur haben wir nun noch drei Wüstungen. Babritz,
Welknitz und Lusitz. Der Chronist Fiedler erwähnte sie schon
als er um 1640 seine Mügelner Chronik schrieb. Babritz soll
ungefähr dort gelegen haben, wo sich die Schwetaer Pfarre
befindet. Es soll so karge Erträge gebracht haben, dass es
kaum einen Pfarrer ernähren konnte. Beschorner in seinen „Sächsischen
Forschungen“ nimmt an, dass die Pfarrfelder und das Pfarrholz
die Fluren von Babritz gewesen sein könnten.
Früher wurde angenommen, dass alle Wüstungen durch Kriege
entstanden sind. Neue Forschungen haben ergeben, dass die Ursachen
oft wirtschaftlicher Natur waren. Babritz wird wüst geworden
sein, da es eine Fehlsiedlung war. Der sumpfige Boden brachte einen
zu geringen Ertrag. Für Lusitz und Welknitz ist anzunehmen,
dass das Rittergut die Felder dieser Siedlungen an sich gezogen
hat, nachdem die Bauern ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen
konnten. So gab es in alten Flurkarten ein Zehnfeld (Zehntfeld),
welches 135 Äcker umfasste. Es werden die eingezogenen Äcker
der Bauern gewesen sein, welche ihren Zehnten nicht mehr leisten
konnten. So nimmt man an dass Lusitz am Abhang des Mahrisberges
gestanden hat, dort gab es ein Flurstück, welches den Namen „der
Latz“ hatte. Mit der komplizierten Beweisführung der
Grenzziehung brauchen wir uns nicht zu belasten, da durch die Großraumwirtschaft
der letzten Jahre sowieso keine Wege und Feldraine mehr vorhanden
sind.
Am Schwetaer Ortsausgang, Richtung Oschatz, den kleinen Anstieg,
nannte man früher den Welkersberg. Und „Hofmanns Mühle“ finden
wir in alten Flurkarten als Welknitzmühle eingezeichnet. Das
soll der „letzte Rest“ vom Dörfchen Welknitz sein.
Soviel aus der ältesten Geschichte von Schweta uns seiner
näheren Umgebung.
Günter Thiele
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