Zur Geschichte
Mügelner Ortsteile
Schlagwitz
von Günter Thiele
Ungefähr 1 km südlich des Mügelner Marktes, auf
dem in das Tal des Schrebitzbaches sich neigenden Hang, liegt das
Bauerndorf Schlagwitz. Die bis auf die Höhe auseinander gezogene
Bauweise besteht aber erst seit dem vorigen Jahrhundert. Vorher
lagen die Bauernhöfe sehr eng aneinandergebaut entlang des
Schrebitzbaches. Die ständigen Überschwemmungen, aber
nicht zuletzt die beiden großen Brände von 1741 und
vor allem vom 1806, veranlassten die Bauern untereinander Land
auszutauschen und den Ort so weit auseinander gezogen wieder aufzubauen.
So blieben im Talgrund nur die Mühle mit dem Mühlgut,
gegenüber das noch heute stehende Thomassche Gut und das heute
dem Bauern Unger gehörende Gut bestehen.
Zur Besiedlung
Wie alle Fluren in der Mügelner Umgebung, ist auch die Schlagwitzer
Flur schon seit der Jungsteinzeit besiedelt, so dass wir sagen
können, seit 6000 Jahren siedeln hier Menschen. Funde der
sich anschließenden Bronzezeit wurden ebenso gefunden, wie
Funde der slawischen Besiedlung. Dr. Baumann, Dresden, gelang es
zuletzt im Jahre 1969 den Nachweis der Besiedlung in diesen Zeiten
zu erbringen.
Die erste bekannte urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre
1334. Bei dieser Erwähnung wird Schlagwitz als „slakewicz“ bezeichnet.
Diese Bezeichnung stammt aus dem altsorbischen und wird mit „die
Leute des Slavek oder Slavko“ übersetzt. In einer weiteren
Urkunde aus dem Jahre 1547 wird Schlagwitz als „Schlackwitz“ bezeichnet.
Die Bevölkerungsentwicklung
Im Jahre 1547 wohnten in dem als „Schlackwitz“ bezeichneten
Dorf 10 Besessene Mann. Es war somit ein großes Dorf, welches
insgesamt 15½ Hufen Landes besaß. Im Jahre 1764 wurden
9 besessene Mann mit insgesamt 15¼ Hufen erwähnt. Im
Jahre 1834 hatte Schlagwitz 91 Einwohner. 1871 95 Einwohner. Ab
dem Jahre 1880 wurde das hinter dem Grunde sich anschließende
Grauschwitz als zu Schlagwitz gehörende bezeichnet. Amtliche
Bezeichnung: Schlagwitz mit Grauschwitz. Dieses Dorf hatte im Jahre
1890 136 Einwohner, 1910 = 213 Einwohner, 1925 = 331 Einwohner,
1939 = 325 Einwohner und 1946 = 594 Einwohner. Der Bevölkerungszuwachs
nach 1945 ist durch die vielen Flüchtlinge aus Schlesien zu
erklären.
Im Jahre 1857 bestand die gesamte Ortflur von Schlagwitz aus 197
ha. Das Dorf wurde als Platzdorf bezeichnet, was aber ursprünglich
nicht stimmte, denn bis zu dem großen Brand in der Nacht
vom 5. zum 6. Mai 1906, als das ganze Dorf wegbrannte, war Schlagwitz
ein sehr eng bebautes Sackgassendorf. Die Dorfgasse ging parallel
zum Schrebitzbach von West nach Ost. Über dem Schrebitzbach
stand nur die Wassermühle mit dem Mühlengut. Nach dem
furchtbaren Brand wurde der Vorschlag des Bauern Gruhle, untereinander
Land auszutauschen und das Dorf völlig auseinander gezogen
neu aufzubauen, einhellig angenommen. (Über den Brand und
die Grundstückstausche später etwas mehr.) Aber an diesem
Beispiel sehen wir, wie in einer einzigen Generation durch einen
Brand und anschließenden Grundstückstausch das Aussehen
und der Grundriss eines ganzen Dorfes völlig verändert
wurde.
Schlagwitz ist kein Kirchdorf. Bis zur Trennung der Tochterkirche
Mügeln von Altmügeln, gehörte Schlagwitz mit den
so genannten Mügelner Oberdörfern zum Kirchspiel Altmügeln.
Auch die Kinder mussten in frühester Zeit nach Altmügeln
zur Schule gehen. Dies änderte sich für die kleinen Kinder
erst mit der Einstellung von so genannten Kinderlehrern im 18.
und 19. Jahrhundert und für alles Kinder mit dem Bau der so
genannten „alten Schule“ in Niedergoseln, denn dann
durften die Schlagwitzer Kinder nach jahrelangem hin und her, nach
Niedergoseln zur Schule gehen. Der ehemalige „Schulweg“ führte
als Fußweg durch die „Grauschwitzer Schweiz“ und
dann schnurgerade durch die Felder und kam am Niedergoselner Gasthof,
gegenüber der heutigen leerstehenden Schule heraus.
Aus der Geschichte von Schlagwitz
Schlagwitz gehört zum ältesten Besitz der Meißner
Bischöfe in der Mügelner Gegend und ist anscheinend ein
Teil der Schenkung der Kaiserin Agnes an das Meißner Bistum
im Jahre 1064. Auf dem Weg die Gerichtsbarkeit zumindest eines
Teiles des Dorfes dem Bischof direkt unterstellt wurde, war bisher
nicht zu ergründen. Im Jahre 1378 wurde ein Teil des Dorfes
Schlagwitz als zum „castrum Meißen“ gehörend
benannt und das Dorf Schlagwitz als Supanie bezeichnet. Das Schlagwitzer
Mühlengut wurde bei seiner ersten Erwähnung als ein vom
Saupengut abgetrennter Besitz genannt. Ein Saupengut war das Gut
des jeweiligen Dorfrichters, hier des Schlagwitzer Dorfrichters.
Dieses Gut wurde in Schlagwitz auch das „Meißner Gut“ genannt,
da es dem Meißner Bischof direkt zinspflichtig war.
Durch Unterlagen im Staatsarchiv in Dresden ist belegbar, dass
die Bauern ihre Fronen auf dem Kammergut in Mügeln zu leisten
hatten. In den Ablösungsverhandlungen über Gespannleistungen,
Bauholz-, Röhrholz- und Getreidefuhren, über die Ablösung
der Lehn- und Siegelgelder usw., welche in den Jahren 1832 bis
1850 durchgeführt wurden, legte man den Schlagwitzer Bauern,
und nicht nur diesen, unter anderem Auszüge aus dem Amtserbbüchern
von 1551/53 und 1581 vor. Also Aufstellungen über Dienste
welche ihre Vorfahren oder ehemalige Besitzer ihres Grund und Bodens
vor Jahrhunderten geleistet hatten. Um den Wert der abzulösenden
Dienste auf das Höchstmaß steigern zu können, scheuten
sich die Rittergutsbesitzer (in unserem Falle der Pächter
des Königlich Sächsischen Kammergutes in Mügeln)
nicht, jahrhundertealte Zinsbücher aus den Archiven heraussuchen
zu lassen. Verschiedene Fronleistungen waren oftmals gar nicht
mehr bekannt und von den Bauernfamilien seit Generationen nicht
mehr geleistet worden. Die Schlagwitzer Bauern stritten, feilschten
und wehrten sich über fast 18 Jahre.
Für uns ist vor allem interessant, dass man den Schlagwitzer
Bauern Dienste und Fronen vorrechnete, welche noch zu Bischofs
Zeiten geleistet worden waren. Zu Bischofs Zeiten wohlgemerkt!,
da die Schlagwitzer schon immer zum Besitz des Meißner Bistums
gehört hatten.
Da nach der Reformation und der Säkularisierung, Mügeln
mit den dazugehörenden Dörfern und das Kloster Sornzig
mit seinen Klosterdörfern dem letzten Meißner Bischof
vom Kurfürsten zum „ferneren Unterhalt“ übergeben
worden war, gehörte Schlagwitz mit zu den ältesten Amtsdörfern,
dieses neu geschaffenen Amtes Mügeln.
Bauern und Grundstücksbesitzer in Schlagwitz
In den Unterlagen über die Ablösung der Spanndienste
lesen wir u. a. in einem Nachtrag zu einem Brief vom 12. Mai 1834: „Verzeichnis
der Güter im Amte Mügeln, welche auf das dasige Kammergut
Spanndienste zu leisten haben“, unter Schlagwitz: Johann
Andreas Klessig, ein 2 ½-Hufengut, Joh. Gottfried Krauspe
ein 2-Hufengut, Joh. Christlieb Welde ein 1 ½-Hufengut,
Johanne Christine verw. Opitzin ein 2-Hufengut, Johanne Christiane,
verehel. Oehmigen ein 2 ½-Hufengut und Karl Gotthelf Gasch
ein 1 ½-Hufengut.
In den Akten über die Ablösung des Lehn- und Siegelgeldes
lesen wir unter anderem in einem „Legitimationszeugnis“ aus
dem Jahre 1851: Zweihufengut Krauspe, Pferdnergut Löser, Gärtnergut
Kirsten und Mühle Kleeberg. Lehn- und Siegelgeld fielen an
und blieben auf den Grundstücken haften bei Erb- und Kaufverträgen.
Sie mussten jährlich (zu Martini) an das Königliche Rentamt
zu Mügeln gezahlt, oder nun abgelöst werden. Dadurch
konnte es auch geschehen, dass Besitzer von kleineren Grundstücken
und Gärten zur Zahlung verpflichtet waren. So die Schlagwitzer
Johanne Sophie Krauspe, Joh. Christoph Funke, Ernst Gotthold Kleeberg.
Ein Joh. August Gasch hatte etwas Feld und einen Erlenniederwald.
Folgende Mügelner hatten in dieser Zeit Feld und Garten in
Schlagwitzer Flur und mussten deshalb auch Ablösungssummen
an das Amt zahlen: Johann Gottfried Richter für Garten und
Feld, Joh. Gottlob Küster für Feld, Friedr. Ehregott
für Feld und ein Joh. Gottlieb Wolf für mehrere größere
Feldgrundstücke. Ein Bauer in Mügeln, welcher seine Felder
wahrscheinlich alle in Schlagwitzer Flur hatte.
Da sich der Grundstücksbesitz bei verschiedenen Besitzern über
mehrere Grundstücknummern erstreckte, hatte ein Schreiber
noch einen Vermerk angebracht: „Auf jedem der angeführten
Grundstücke (unabhängig von der Größe, d.
A.) haftet ein Lehn- und Siegelgeld von 1 Thaler 3 Neugroschen
und 4 Pfennige.“
Im Jahre 1880 war in Schlagwitz ein Chr. E. Kirsten Gemeindevorstand.
In diesem Jahre waren Gutsbesitzer in Schlagwitz: Funke J. R. Wittwe
mit 41,5 ha; Ernst Fr. Keule mit 31 ha; Ernst Krauspe mit 29,9
ha; Chr. Gottlieb Thomas mit 22,7 ha; Christl. Ernst Kirsten mit
19,4 ha; Friedr. Adolph Barth mit 14,9 ha und Friedr. Wilh. Voigt
mit 14,4 ha. Dies war das Mühlengut, dieser Bauer betrieb
neben seiner Wirtschaft die Mühle in Schlagwitz.
Gastwirt war zu dieser Zeit in Chr. Leberecht Fischer. Die Postdienststelle
war Mügeln. Die Mügelner Landbriefträger hatten
Schlagwitz mit zu versorgen.
Das Schlagwitzer Gasthaus
Um 1880 hieß der Schlagwitzer Gastwirt Chr. Leber. Fischer.
Bis ca. 1932 war der Wirt ein gewisser Geißler. Dieser soll
ein „Unikum“ gewesen sein. Denn Max Geißler trank
selbst gern und grüßte zu jeder Tageszeit mit „Guten
Morgen“. Er wurde deshalb auch nur der „Guten-Morgen-Wirt“ genannt.
Jeden Krug Bier holte er einzeln vom Fass aus dem rechts vor dem
Gasthof befindlichen Bergkeller, heute im Grundstück Unger.
Nach Geißler bewirtschaftete ein Wirt namens Ebert die Gaststätte.
Er hatte sie aber nur in Pacht, Besitzer war zu dieser Zeit bereits
die Familie Großöhme. Im Jahre 1934 tauschten die Großöhmes
mit Ebert. Sie übernahmen die eigene Gaststätte in Schlagwitz
und Ebert ging nach Limritz, wo die Familie Großöhme
herkam.
Das Schlagwitzer Gasthaus besteht in seiner heutigen Gestalt seit
dem Jahre 1835, außer dem Anbau in Richtung Straße,
dieser wurde im Jahre 1934 angebaut. Gleichzeitig wurde das ganze
Gebäude renoviert und verschönert. Die Neueröffnung
wurde mit einem riesigen Fest gefeiert. Denn das Gasthaus wurde
auch gleichzeitig umgetauft, bis dahin hieß es „Zur
Bremse“. Ab 1934 wurde nun der Name auf Grund der vielen
Quellen welche es ringsum gab, auf den Namen „Gasthaus zu
den Dreizehn Quellen“ umgetauft.
Die Schlagwitzer Schmiede
Bis um 1900 befand sich die Schlagwitzer Schmiede hinter dem Gasthaus.
Gasthaus und Schmiede müssen einmal ein Grundstück gewesen
sein, denn der letzte Schmied hieß Fischer und soll sehr
viel getrunken haben. In diesem Zustand soll er in einem Schacht „ertrunken“ sein.
Ringe zum festbinden der Pferde beim Beschlagen soll man noch vor
Jahren in einer Mauer in diesem Grundstück gesehen haben.
Eine neue Schmiede in Schlagwitz entstand erst wieder im Jahre
1908. Dabei war dies aber vorher nicht geplant. Dazu Aussagen von
Fritz Kaiser, dem ehemaligen Schmiedemeister:
„Mein Großvater war Baumeister in Casabra. Er baute
hier das Wohnhaus in Schlagwitz (die Molkereistraße ist Schlagwitzer
Flur). Er baute aber ohne Käufer. Es war ein Spekulationsbau,
weil er dachte, Mügeln wird einmal ein große Stadt.
Als das Haus fertig war, fand sich kein Käufer. Kurzerhand übergab
er meinem Vater das Grundstück. Mit den Worten `Schlagwitz
braucht wieder eine Schmiede´ und 19 000,- Mark Schulden
auf diesem Grundstück schickte er ihn nach Schlagwitz. Das
war 1908. Dann kam der Krieg von 1914, mein Vater musste einrücken.
Nach dem ersten Weltkrieg war es schwer, dann die Inflationszeit.
Nebenbei hatten wir noch etwas Landwirtschaft, damit es `rundum`
ging. Immer nur Arbeit und immer nur Schulen“.
Sehr spät erst, übernahm Fritz Kaiser von seinem Vater
die Schmiede. Schon im hohen Alter stehend, konnte sich der alte
Schmied nicht von seinem schwer erarbeiteten Grundstück trennen.
Er war für Mügeln eine legendäre Gestalt. Heute
wohnt in dem Grundstück nun die dritte und vierte Generation
Kaiser.
Die Schlagwitzer Flur
Die Schlagwitzer Flur grenzte an die Rosa-Luxemburg-Straße
und ging bis an den Grünen Weg. Südlich des Gaudlitzer
Weges übersprang die Schlagwitzer Flur den Grünen Weg
und grenzte im Westen an die Fluren von Gaudlitz und Zävertitz
Das Flurstück zwischen Rosa-Luxemburg-Straße und Gaudlitzer
Weg wird auf alten Schlagwitzer Flurkarten „die Mulde“ genannt.
Der „Heilige Born“, aus welchem die Röhrleitung
der Mügelner Wasserversorgung gespeist wurde, befand sich
in Schlagwitzer Flur. Die Flurgrenze übersprang die heutige
Döbelner Straße hinter dem Grundstück Däberitz.
Dort ungefähr stand auch vor Jahrzehnten das Mügelner
Ortsschild. Die oberen Häuser des Schlagwitzer Weges, wie
die Döbelner Straße früher hieß, standen
auf Schlagwitzer Flur. Genauso wie alle Häuser der Molkereistraße,
außer der Molkerei. Wobei man nicht sagen kann, ob der Grund
un Boden der Molkerei nicht evtl. vor dem Bau nach Mügeln
eingemeindet wurde. Die Flurgrenze in der Bahnhofstraße verlief
dann entlang der Grundstücksgrenze der ehemaligen Gärtnerei
Hammermüller (Dr.-Friedrich-Straße 71). Dort stand auch
das Mügelner Ortsschild. Vor diesem Haus mündete bis
zum Bau des Bahnhofes der Grauschwitz-Schlagwitzer Weg ein. Diese
Wege wurden beim Bau des Bahnhofes zu ihrem heutigen Verlauf umgelegt.
Alles was nun hinter dem ehemaligen Ortsschild steht, ist zunächst
Schlagwitzer und dann Grauschwitzer Flur. Im Amtsdeutsch der Jahrhundertwende
ein „Grundbücherliches Chaos“. So befand sich
um 1950 im Haus Bahnhofstraße 3 für einige Zeit das „Gemeindeamt
Schlagwitz“. Wenn Reisende zu dieser Zeit aus dem Mügelner
Bahnhof traten, standen sie vor dem Gemeindeamt Schlagwitz“.
Der große Brand von 1806
Der Brand von Schlagwitz in der Nacht vom 5. zum 6. Mai 1806 wurde
vom damaligen Pfarrer Eger in Mügeln beschrieben. Anlässlich
einer kurz darauf folgenden Reparatur des Turmes der Mügelner
Kirche wurde dieser Bericht mit in dem Turmkopf verwahrt. Bei der Öffnung
desselben während einer Reparatur im Jahre 1905 wurde der
Bericht u. a. entnommen und veröffentlicht.
Daraus einige Auszüge:
Das schlimmste Los unter allen Abgebrannten hatte Andreas Däweritz.
Auf seinem Gutshofe war das Feuer des Nachts zwischen 10 und 11
Uhr ausgebrochen. Seine Frau Johanne Christiane geb. Oehmichen
aus Trebanitz bemerkte zuerst den Brand und weckte ihren Mann.
Mit den Mägden lief sie in den Stall und löste die Kühe,
fünf Pferde kamen in den Flammen um. Inzwischen kümmerte
sich Däweritz um die Kinder, nahm die beiden Jüngsten
und ein paar Kleider auf den Arm und wollte mit den beiden nachfolgenden ältesten
Söhnen den Ausgang gewinnen. Da bemerkte der älteste
Sohn, dass er nur im Hemd war und lief zurück, um sich, wie
er seinen Schwesterchen zurief, seine Sachen zu holen. Vermutlich
hat er dabei die Tür zugeworfen, die er dann nicht mehr öffnen
konnte. Der Vater rief ihm zu, durch das Fenster zu springen, aber
der Knabe hörte nicht mehr und wurde verschüttet. Die
Mutter, schon im Freien, stürzte in das Haus zurück um
den Knaben zu suchen und zu retten. Leider vergeblich! Auch sie
konnte nicht mehr zurück, denn der Ausgang war verschüttet.
Sie suchte noch Schutz in der gewölbten Küche und dann
im Backofen. Hier fand man ihren verkohlten Körper. Die Leiche
des Sohnes wurde später gefunden.
Ein weiteres Opfer forderte der Brand, die Dienstmagd Johanne
Sophie Gottschall aus Mautitz, die bei dem Bauern Abraham Claus
bedienstet war. Sie hatte ihre Herrschaft geweckt und war in den
Stall gelaufen um die Kühe loszumachen. Sie konnte auch noch
eine Anzahl heraustreiben, als sie aber an die eigene Rettung dachte,
fand sie den Ausweg aus den Flammen versperrt, denn das Torhaus
war inzwischen ebenfalls von den Flammen ergriffen. Ihr blieb nur
der Weg, sich mitten durch die Flammen zu stürzen. Sie wählte
diesen Weg, aber schon mitten im Torhaus glich sie einer lebenden
Fackel. Sie wird zwar von einem herbeieilenden Mügelner Bürger
noch aus den Flammen gezogen, starb aber 20 Tage später unter
unsäglichen Schmerzen. Ihre Dienstherrschaft (Vater, Mutter
und zwei Töchter) erlitt ebenfalls schwere Brandwunden. Sie
hatten nur das nackte Leben gerettet.
Johann Gottlieb Hempel und sein Sohn, welche die Kühe und
Pferde in Sicherheit bringen konnten, wurden dabei ebenfalls erheblich
am eigenen Körper verbrannt. Auch die bei Christian Gasch
tätige Magd Rosina Jahn aus Schrebitz wurde durch ein einstürzendes
Dach stark verletzt.
Der Bauer Gottlieb Gruhle hatte gerade soviel Zeit, seine 84 Jahre
alte Schwiegermutter fortzubringen, während seine Frau den
noch schlafenden Nachbar, den Gärtner Johann Gottlieb Eidner
weckte, der fast nackend fliehen musste.
Gottfried Opitz konnte mit Hilfe seines Knechtes wenigstens Pferde
und Rindvieh retten, Pachtmüller Gottfried Gruhle aber nur
wenige Betten und Kleider. Von allen Gebäuden des Dorfes blieb
lediglich einiges Mühlzeug der Mühle stehen.
Groß war der Verlust der Gemeinde an Mobilien, Geschirr,
Materialien, Vieh und besonders Getreide. Aber die Hilfsbereitschaft
der Mitmenschen, so schließt der Egersche Bericht, bewährte
sich auch hier und tröstete die Unglücklichen.
Das Gut des Bauern Andreas Däweritz, war der Besitz, welcher
später dem Bauern Nitzsche gehörte. Nur stand dieses
Gut damals nicht auf der Höhe, sondern im Tal, im so genannten „unteren
Garten“. Andreas Däweritz stammte aus Grauschwitz, er
war der Sohn des Abraham Däweritz. Sein Bruder hatte das Stammgut
in Grauschwitz und die Grauschwitzer Wassermühle in Besitz.
Das Anwesen des Abraham Claus wurde 1835 von einem Hüfner
Krauspe gekauft. Am 4.4.1835 zogen von dort zwei Mägde wegen „Gutsverkaufs“ weg
(laut Gesindebuch). Von Krauspe ging dann dieser Besitz mit in
das Kirstensche Gut über. Dieses Gut stand aber damals auch
noch nicht auf diesem Platz, sondern an der Dorfgasse zwischen
den Gütern Schrapel und Zschernig. Um 1936 konnte sich der
alte Bauer Kirsten noch erinnern, wo er den zum abgebrannten Gute
befindlichen Brunnen zugeschüttet hatte. Nach Unterlagen im
Kantoreiarchiv übernahm dann ein 1862 geborener Gustav Kirsten
im Jahre 1891 das väterliche Gut. Er erwarb das Krauspesche
Gut und schlug es zu seinem Besitz dazu.
Das mit abgebrannte Gut des Joh. Gottl. Hempel gehörte um
1835 einem Bauern Klessig. Dieser hatte 12 Kinder und wanderte
zwischen 1850 und 1855 nach Amerika aus. Von diesem hatte die Familie
Schrapel den Besitz erworben.
Im Kirchenbuch in Altmügeln liest man über den Schlagwitzer
Brand folgende Notiz:
Den 5. May abends 10 ½ kam in der Scheune des Landschöppen
Daeweritz Guthe in Schlagwitz Feuer aus, welches bey großem
Ostwinde, in einigen Minuten das gantze Dorf in Asche legte …
Pfarrer Eger in Mügeln hatte später in einer Predigt über
den Schlagwitzer Brand gesprochen. In seinen Unterlagen findet
sich folgende Niederschrift:
Am 26. May abends 10 Uhr 30 brannte Goseln gantz ab, es kam bei
Roßbergs in der Scheune aus und konnte sehr wenig gerettet
werden. Mit dem Brand von Schlagwitz am 5. May fing es an. Dann
brannte am 26. May in Goseln (Niedergoseln) alle Güter weg.
Am 27. May, als am 3. Pfingstfeiertage folgten 11 Scheunen an der
Gottesackerkirche in Mügeln. Am 20. Juli brannte gantz Nebitzschen,
am 28. Juli die Schmiede in Zschannewitz und am 6. November sechs
Güter in Wetitz.
Wie sich später herausstellte waren diese Brände alle
gelegt worden. Eine große Räuberbande, welche einige
Zeit später von der Polizei in Berlin dingfest gemacht worden
war, hatte diese Brände gelegt. Einige Mitglieder der Band
hatten im Verhör zugegeben, dass sie „um Raubeswillen“,
in dieser Zeit die Brände in der Lommatzscher und der Mügelner
Pflege gelegt hatten. Sie wurden dort in Berlin „zu gebührender
Strafe“ verurteilt und das war zu dieser Zeit die Todesstrafe.
Um noch etwas über das Schlagwitz bis zum Jahre 1806 zu erfahren,
hier noch ein Absatz aus dem Bericht von Pfarrer Eger:
Im Guthe des Pferdners und Landschöppen Andreas Däweritz
war des Nachts zwischen 10 und 11 Uhr, und zwahr vermutlich in
der Scheune, ein Brand ausgebrochen, der nicht nur dieses an der östlichen
Dorfecke liegende Gehöft, sondern in kürzester Frist
den ganzen Orth in Flammen setzte. Denn nahe aneinander lagen die
neun Güter des Dorfes, und ihre großen Wirtschaftsgebäude
waren noch sämtlich mit Stroh gedeckt. Die Bewohner wurden
zumeist im Schlafe vom Feuer überrascht, erst die Helle und
die Hitze des Feuers weckte sie auf. Jeder konnte dann nur an die
eigene Rettung denken, denn die Gehöfte standen im nu ringsum
in hellen Flammen. Nicht wie sonst, konnte ein Nachbar dem anderen
helfen, und deshalb waren die Verluste an Menschenleben sowie an
Hab und Gut so hoch …
Das Schlagwitzer Mühlengut
Der Ursprung, eine frühe Erwähnung des Baues, oder Neuaufbaues
einer Wassermühle in Schlagwitz, konnte noch nicht erbracht
werden. Nur eines ist sicher belegt: dass die Schlagwitzer Mühle
weitaus älter als die Grauschwitzer Mühle ist.
Das Mühlengut in Schlagwitz ist genauso vom Nachbargut abgetrennt
worden, wie in Grauschwitz. Denn das „Muttergut“ war
das Saupengut, auch das „Meißner Gut“ genannt.
Der Saupe war der Dorfrichter. Ihm war es wohl auch am ehesten
zuzutrauen, die Erlaubnis zum Aufbau einer Wassermühle zu
bekommen. Und so wird der Saupe, oder einer seiner Söhne der
erste Müller in Schlagwitz gewesen sein.
Die erste Urkunde, die der etwa 220 Seiten starke Aktenband des
Mühlengutes enthält, ist das Protokoll vom 6.4.1796 über
die Setzung des Mahlpfahles. Dies wurde bereits bei der Beschreibung
der Grauschwitzer Mühle erwähnt. Mit dem Mahlpfahl, welcher
unter der Aufsicht der nächsten örtlichen Behörden
gesetzt wurde, legte man die Höhe fest, bis zu welcher der
Grauschwitzer Müller das Wasser anstauen durfte. Dies war
für die „höher“ gelegene Mühle, in diesem
Falle für die Schlagwitzer Mühle, sehr wichtig, da sonst
das zu hoch angestaute Wasser den Abfluss beeinträchtigte
und die Arbeit der Mühle behinderte. Als im Jahre 1796 erstmals
eine Grauschwitzer Mühle erbaut wurde, stand also die Schlagwitzer
Mühle schon. Zu dieser Zeit besaß ein Joh. Gottl. Gruhle
das Mühlengut in Schlagwitz. Es war nicht groß, es gehörte
wenig Feld dazu und es wurde noch 1836 als Gärtnergut bezeichnet.
Beim Brand 1806 war es bis auf das Rad, einige Wellen und Mauern
auch total niedergebrannt. Noch im gleichen Jahre begann Müller
Gruhle mit dem Wiederaufbau. Die Schlusssteine an den einzelnen
Türen gaben Aufschluss über die jeweiligen Bauperioden.
Zuerst wurde die Mühle wieder erbaut. Im Jahre 1807 wurde
das Wohnhaus angefangen, wie aus dem Schlussstein ersichtlich war.
Dieser Schlussstein zeigte ein „G“ in Spiegelschrift,
dazu ein „M“, welches beide Buchstaben umschlang. Darunter
das Erbauungsjahr 1807. Die Buchstaben bedeuteten Gottlieb Gruhle,
Müller. Dieser Müller hat dann das Mühlengut noch
bis zum 10.2.1812 besessen.
Von ihm kaufte es ein Hans von Weidenbach. Dieser scheint ein
sehr regsamer und wendiger Mensch gewesen zu sein. Er erbaute zunächst
im gleichen Jahr das dem Wohnhaus gegenüberliegende Stallgebäude.
Der Schlussstein zeigte das Baujahr 1812. Er veranlasste auch die
protokollarische Aufnahme eines Grundstücktausches. Müller
Gruhle, sein Vorgänger, hatte diesen Tausch vorgeschlagen,
und alle Schlagwitzer Bauern hatten bereits vor Jahren zugestimmt
und zum Teil realisiert. Die Brandkatastrophe von 1806 sollte sich
nicht wiederholen. Hans von Weidenbach brachte den Amtsschimmel
anscheinend in Trab. Es muss aber trotzdem ein langsamer „Trab“ gewesen
sein, denn erst unter Weidenbachs Nachfolger wurde am 15.12.1814
der erfolgte Tausch der Grundstücke behördlich genehmigt.
Abgegeben hatte das Mühlengut an Johann Andreas Däbritz
3 Scheffel, 2 Viertel Metzen; an Abraham Claus 1 Scheffel, 3 Viertel,
1 Metze; an Christian Gasch 2 Scheffel, 2 Viertel, 3,5 Metzen;
das machte zusammen 8 Scheffel, 2,5 Metzen, welche abgegeben wurden.
Bekommen hatte das Mühlengut: von Richters Gut 4 Scheffel,
2 Viertel, 3,5 Metzen; von Joh. Andreas Däbritz 2 Scheffel,
eine halbe Metze; von Chr. Gottlieb Kirsten 2 Scheffel, 3,5 Metzen,
und von Gaschens „Meißner Gute“ 3 Viertel. Das
Mühlengut machte also gut dabei. Es erhielt 9 Scheffel, 2
Viertel, 3,5 Metzen, also 1 Scheffel, 2 Viertel, 1 Metze Land mehr
zurück, als es abgegeben hatte.
Von Abraham Claus hatte schon vorher Müller Gruhle ein Stück
Land gekauft, denn es erscheint in den Akten unter der Bezeichnung „Die
Clausnische Hufe“.
Hans von Weidenbach vergrößerte sein Grundstück
immer weiter. Er kaufte am 11.4.1812 Mügelner Stadtfelder
für 800 Taler. Diese Stadtfelder bestanden aus sechs Stücken.
Einem Hopfengarten von 8 Metzen, eine Wiese 1,5 Scheffel groß,
einem Feld von 2,5 Scheffel, einem Feld von einem Scheffel „in
der Mulde“, und einem Feld von zwei Scheffel „auf dem
Großböhler“.
Metze = altes deutsches Hohlmaß, v. a. für Getreide,
1 Metze = 1/16 Scheffel = 6,389 Liter (in Sachsen). Als Metze Aussaat
war sie in Sachsen auch ein Feldmaß zu 768 Quadrat-Ellen
= 246,4m². (Brockhaus)
Trotz aller Anstrengungen und Vergrößerungen behielt
von Weidenbach das Mühlengut nur zwei Jahre.
Am 5.6.1814 kam das Mühlengut in den Besitz des Pferdners
Joh. Gottl. Kleeberg, welcher in Lüttnitz ein Sechshufengut
besaß. Der Kaufpreis betrug 8300 Taler. 7000 Taler für
das Mühlengrundstück, 800 Taler für die Stadtfelder
und 500 Taler für das Inventar.
Der Kaufvertrag enthält noch eine Aufzählung der gesamten
Schulden, welche uns aber nicht interessieren. Ortsgeschichtlich
interessant, dass der „Amtsstaupe“ Christian Gottlieb
Gasch 400 Taler zum Ankauf geliehen hat, die er am 30.11.1814 zurück
erhielt.
Ferner, dass auf dem Gute auch noch die Auszugsleistungen für
Anna Rosine Gruhle lagen. Dies wäre für sich ein Kapitel
interessanter örtlicher Geschichte und bäuerlicher Rentenwirtschaft.
Auch ein Passus, welcher uns an die Zeit der Befreiungskriege erinnert,
in dem es u. a. heißt: „… dass, Einquartierungen
aller und jeder Truppe auf Kosten des Herrn Verkäufers bis
zur Übernahme des Mühlengutes gehen.“
In dem Inventarverzeichnis von 1814 wurden übergeben: 4 Kühe,
4 Hühner, 1 Hahn, 1 Wagen, 1 Pflug, 1 Haken, 2 Eggen, 1 Walze,
usw. Der geringe Viehbestand soll durch die hohe Verschuldung,
aber auch durch die durchziehenden Truppen verursacht worden sein.
1934 z. B. hatte das Mühlengut 4 Pferde, 14 Kühe, 25
Schweine, 20 Enten, 30 Hühner usw.
Müller Kleeberg vergrößerte das Stallgebäude
um die Hälfte. Der Schlussstein über der Pferdestalltür
zeigte den Buchstaben „K“. Er veränderte den Mühlgraben
und schloss am 6. und 20.1.1815 mit seinen Feldnachbarn einen dahingehenden
Vertrag. Die Nachbarn hießen: Joh. Abr. Claus, Joh. Adr.
Däweritz, Joh. Christ. Gottl. Kirsten und Joh. Gottfr. Opitz.
Am 10.5.1817 erwarb er von den Erben des Fleischhauers Gotthard
Ephraim Wurgau in Mügeln den 4. Teil der „Dreiviertel-Awe
(Aue) am „grimmasichen weg“, auf der Flur links in
Richtung Nebitzschen und eine Aue von zwei Scheffel Aussaat für
121 Taler.
Am 22.11.1836 löste er an das Kammergut zu Mügeln zu
leistenden „Spinndienst“ mit dem 25fachen Betrage der
Rente von zwei Talern zwei Groschen ab.
Nach 24jährigem Besitz überließ am 23.6.1838 Joh.
Gottlieb Kleeberg das Mühlengut seinem Sohn Ernst Gotthold
Kleeberg für 11 300 Taler. 10 500 Taler für Mühle
und Inventar und 800 Taler für die Mügelner Stadtfelder.
Dazu kam noch der Auszug für die Eltern. Doch starb der Vater
schon bald darauf. Er war schon bettlägerig, als man den Vertrag
in Lüttnitz vollzog. Nach diesem Vertrag hatte das Gut „131
volle schocke als gangbare und 44 decrement“. Übersetzt
bedeutet das: gangbare schocke waren Äcker welche bebaut,
oder bebaubar waren. Decrement waren durch die Kriegszeiten verwüstete
und verwahrloste, zum Anbau nicht benutzbare Äcker. Schon
am 20.4.1843 hatte Gotthold Kleeberg das Mühlengut endgültig
bezahlt.
Zehn Jahre später, am 21.5.1853, datiert ein Kaufvertrag,
in dem der Müller Gotthold Kleeberg von dem Zeugschmied Joh.
Gottlob Küster in Mügeln ein Feld von 133 Quadratruten
für 160 Taler kauft. Gotthold Kleeberg hatte das Schlagwitzer
Mühlengut 28 Jahre.
Seine Witwe Ernestine Wilhelmine Kleeberg verkaufte das Gut mit
Mühle nach lagen Verhandlungen am 2.10.1866 an Heinrich Wilhelm
Oehmigen aus Altmügeln für 22 425 Taler.
Die Kaufsumme war in den letzten 50 Jahren um 170 % gestiegen.
Man muss dabei aber auch bedenken, dass sich die Grundstücksfläche
beträchtlich vergrößert hatte.
In den nächsten sechs Jahren wechselte das Gut zweimal den
Besitzer.
Am 26.10.1869 erwarb der Besitzer der Wetitzmühle Erd. Bernhardt
Dähne das Schlagwitzer Mühlengut. Aber dieser Mensch
hatte nur spekuliert. Da er auch noch Schulden bei Pferdehändlern
hatte, konnte er das Mühlengut nicht halten.
So kaufte es von ihm Friedrich Wilhelm Voigt. Am 18.12.1872 war
der Kaufvertrag perfekt. Der Preis war auf 21 350 Taler festgesetzt.
Friedrich Wilhelm Voigt war in Fichtenberg bei Mühlberg geboren,
und schon um das Jahr 1866 Müllerknappe in Schlagwitz gewesen.
Er hatte sich dann in Borna bei Oschatz die Mühle gepachtet
und selbstständig gemacht.
26 Jahre blieb das Mühlengut in den Händen dieses Mannes.
Oft war das Wasser knapp und die Mühle konnte nicht ordentlich
betrieben werden. Deshalb wurde 1892 eine Dampfmaschine eingebaut.
Die 1892 eingebaute Dampfmaschine genügte schon bald nicht
mehr den Ansprüchen und wurde im Jahre 1895 durch eine größere
ersetzt. Zugleich wurde in diesem Jahre der Schornstein erbaut,
welchen viele ältere Einwohner bestimmt noch kennen. Diese
Dampfmaschine von 1895 versah ihren Dienst bis zum Jahre 1922.
Dann zog die Elektrizität ein. Ein „15pferdiger Elektromotor“ bewältigte
nun das Mühlengeschäft.
Zu dieser Zeit hatte aber schon der älteste Sohn Gustav Emil
Voigt das Mühlengut übernommen. Das war mit Wirkung vom
3.9.1898 geschehen. Gustav Emil Voigt wirtschaftete in seiner Mühle
bis zum Jahre 1950. Die dazugehörende Landwirtschaft betrieb
in den letzten Jahren sein Sohn Emil Kurt Voigt, welchem nach dem
Tode seines Vaters das gesamte Mühlengut gehörte. Die
Mühle setzte er nach dem Tode seines Vaters nicht wieder in
Gang, denn die Anlagen der Mühle waren veraltet. Die Mühlen
in Grauschwitz, vor allem die Silbermannsche Mühle in Wetitz
waren weitaus moderner und wurden von den Kunden bevorzugt.
Bei der Gründung der LPG in Niedergoseln kam das Mühlengut
mit seinem gesamten Grund und Boden und Gebäuden zu dieser
LPG. Bei der Gründung der LPG in Schlagwitz, im Jahre 1960, übertrug
der Rat des Kreises Oschatz dieser LPG das Mühlengut. Das
für die Bauern Interessantere, die Äcker, verblieben
bei der LPG Niedergoseln. Um ca. 1970 wurde das völlig desolate
Mühlengut, das ja auch schon einige Jahre leer stand, von
der LPG Schlagwitz niedergerissen.
Die Schlagwitzer Mühle hatte eine oberschlächtiges Wasserrad
sehr großen Ausmaßes. Der sehr lange Mühlgraben
war unterhalb Lüttnitz vom Grauschwitzbach abgezweigt und
führte dann am Hang entlang, unterhalb der Döbelner Straße.
Auf Schlagwitzer Flur befand sich dann noch ein Mühlteich
für Zuschusswasser für die Mühle. Parallel zur Kleinbahnlinie
kreuzte der Mühlgraben die Döbelner Straße. Das
Mühlengebäude stand rechtwinklig zum „Schrebitzbach“,
welcher amtlich eigentlich Grauschwitzbach heißt. Zwischen
Bach und Mühlengebäude verlief der schmale Fußweg
nach Grauschwitz und Niedergoseln. An der „hinteren“ Seite,
dem Grund zu, war das Mühlrad. Ging man den Fußweg weiter,
kam nach wenigen Metern der „Viadukt“, über welchem
die Kleinbahn die „Grauschwitzer Schweiz“ in Richtung
Döbeln überquerte. Für uns als Kinder ein Paradies …
Zum Schrebitzbach
Bis zur Kreisgrenze unterhalb Lüttnitz heißt dieser
Bach Krebsbach. Von der Kreisgrenze bis zur Mündung in die
Döllnitz in Oetzsch heißt der Bach amtlich – und
wird so auch in den Messtischblättern benannt – Grauschwitzbach.
So ist die Bezeichnung „Am Schrebitzbach“ in Schlagwitz
eigentlich falsch.
Aber egal wie man ihn nennt, in früheren Zeiten muss er dem
Dorfe Schlagwitz manches Hochwasser beschert haben.
Der Grauschwitzbach ist bis zu seiner Mündung ca. 10 km lang.
Seine Quelle liegt in der Flur von Bennewitz. In Lüttwitz
nimmt er noch den Bielbach auf, und den kleinen Bach aus dem Grund
in Schlagwitz. Bis zu seiner Mündung in Oetzsch soll er ein
Einzugsgebiet von ca. 17 Quadratkilometern haben. Da kann man sich
ausrechnen, welches Wasser südlich von Schlagwitz zusammenläuft,
wenn in einem Gewitterguss 20 bis 40 Liter pro Quadratmeter oder
gar mehr, vom Himmel kommen.
So liest am in alten Mügelner Zeitungen auch immer wieder
von solchen Unwettern. Wie z. B. in einer Zeitung aus dem Jahre
1906:
In der Nacht vom 19. Mai 1906 trat ein von Wolkenbrüchen
begleitetes Gewitter auf, dass ungeheuren Schaden anrichtete. Das
Wasser floss wie ein reißender Strom durch die Straßen.
Besonders betroffen war wieder die Gegend Schlagwitz, Döhlen,
Görlitz, Schrebitz und Kiebitz. Die Bahndämme wurden
unterspült, die Felder verwüstet. Für die am schwersten
Betroffenen wurde sofort eine Sammlung eingeleitet, welche 1954
31 Mark ergab.
Geht man nun an diesem Bach entlang die alte Döbelner Straße
vom Gasthof „Zu den Dreizehn Quellen“ in Richtung Lüttnitz,
so mündet hinter dem so genannten „Anglerparadies“,
rechts aus einem kleinen Tal ein Bächlein. Dieses Bächlein
mit seinem glasklaren Wasser kommt aus dem so genannten „Grund“.
In diesem Bächlein und dem Grauschwitzbach gab es übrigens
noch um 1948/50 herum Krebse und Wasserschildkröten. Heute
wird man sie vergeblich suchen. Auch soll man sich nicht von dem
glasklaren Wasser verleiten lassen zu trinken. Die angrenzende
Hopfenanlage wird seit vielen Jahren derartig gespritzt, dass nicht
nur die kleineren Lebewesen krank werden.
Doch nun zum Grund. In diesem wurde 1870 ein Braunkohleflöz
entdeckt. Man stellte aber damals schon fest, dass diese Kohle
viel zu jung und minderwertig war. Als es nach 1945 keine Brennstoffe
gab, erinnerte man sich dieser Lagerstätte. Und man baute
diese Kohle im Untertagebau ab. Mit Handwagen zogen die Mügelner
hinaus in den Grund, um sich ihre Zuteilung zu holen. Die Kohle
war so nass, dass das Wasser nur so aus dem Handwagen lief. Die
in Stücken gebrochene Kohle musste erst getrocknet werden,
und brannte dann trotzdem schlecht.
Als in einer Nacht die Pumpen ausfielen, ersoff der Schacht und
brach zusammen. Er wurde damals nicht wieder hergerichtet, da die
Kohle zu minderwertig war.
Über den „Ortsumlauf“
In den Dörfern war es früher üblich, Bekanntmachungen
durch so genannte Umläufe weiterzugeben. Die Bekanntmachung
wurde an einen Gegenstand geheftet, und auf über viele Generationen
vorgeschriebenem Wege von Haus zu Haus weitergegeben. Ob die Häuser
nun nebeneinander standen oder hunderte Meter auseinander. Nachdem
die Bekanntmachung gelesen, und evtl. quittiert war, wurde sie
auf dem vorgeschriebenen Wege, weitergegeben. Der Letzte schaffte
sie wieder auf das Gemeindeamt, und der Bürgermeister wusste
nun, dass seine Einwohner informiert waren. In kleinen Dörfern
war es ein Weg. In größeren Dörfern gab es oft
mehrere Strecken.
In Schweta nannte man den Ortumlauf „Kluppe“ oder „Kloppe“,
auch als man vor ca. 30 Jahren nur noch eine Mappe mit eingelegtem
Zettel herumschickte. Früher war die Bekanntmachung an einem
Stock befestigt, wie in vielen Dörfern. Niedergoseln hatte
eine Kloppe in der Form eine gedrechselten, und zu groß geratenen
Polsterstuhlbeines. Zeicha hatte einen Stock. Oetzsch besaß ein
30 cm langes 4 x 4 cm starkes Vierkantholz mit einer 5,5 cm starken
aufgesetzten Kuppel. Dies nannte man auch „Kloppe“.
In Wetitz schickte man „das Eisen“ durch das Dorf.
Ein 10 cm großes Hufeisen, oben mit einem Ring zum besseren
Anfassen. Mit einer Feder versehen, unter welche man den Zettel
klemmen konnte.
Diese Kloppe, Stock, Hammer, Tafel, Kasten, Mappe, Buch oder Eisen
wie es in den einzelnen Dörfern und Landschaften genannt wurde,
hatte ja verschiedene Zwecke zu erfüllen. Es sollte groß sein,
damit man es nicht verlegte, schwer genug, damit der Zettel, wenn
ihn der Nachbar brachte, beim Weglegen nicht wegflog. Denn die
Dörfler wurden ja zumeist bei einer Tätigkeit im Hof
oder Garten angetroffen. Und, auf nicht schnelle Weitergabe stand
eine Strafandrohung…
Die Gemeinde Schlagwitz hatte einen „Hammer“.
Dieser Hammer war aus Buchenholz. Ob der Erbrichter oder Saupe,
welcher den Hammer einführte, dies absichtlich oder zufällig
tat, ist nicht bekannt. Aber er wählte ein altes Symbol
germanisch-fränkischer Rechtspflege. Als Thinghammer sandte
man ihn vor Zeiten von Gehöft zu Gehöft, um die Gemeinde
zu Gericht – dem „Thing“ – zu laden.
Vor Gericht spielt der Hammer heute noch in verschiedenen Ländern,
bei uns auf Auktionen, eine Rolle. Der Zuschlag, der letzte Schlag,
um etwas zu besiegeln.
Der Schlagwitzer Hammer soll sehr alt gewesen sein. Der Hammerkopf
war 5 x 5 cm stark und 13,5 cm lang, die Schneide 2,5 cm stark.
Der Hammerstiel war 51,5 cm lang und wahrscheinlich durch das hohe
Alter, etwas nach hinten gebogen. Mit Hammerkopf hatte der Hammer
eine Gesamtlänge von 56,5 cm, genau eine Elle = 2 Fuß.
Der sächsische Fuß betrug 28,3 cm. Die Seiten des Stieles
waren durch eingeritzte Rillen verziert. Auf der einen Längsseite
war durch eingeritzte Querlinien die alte Maßeinteilung der
Elle markiert. Mit diesem Hammer konnte sich jedes Gemeindemitglied
ein richtiges Längenmaß herstellen.
Während des 2. Weltkrieges soll sich der Hammer noch im Schlagwitzer
Gemeindeamt befunden haben. Denn Ortsumläufe dieser Art wurden
1936 durch Verordung außer Betrieb gesetzt.
Dieser kulturhistorisch sehr interessante Hammer ist wie so vieles
andere verschwunden. Verschwunden wie ganze Mühlen und Güter,
welche nur noch in Erzählungen der Älteren, oder in einigen
Akten und Unterlagen in Archiven existieren…
Aus der jüngsten Vergangenheit
Geht man weiter in die Vergangenheit zurück, so sucht man
in Archiven usw. – und findet – auch wenn man suchen
muss. Aber Ereignisse, welche oft nur wenige Jahre oder Jahrzehnte
zurückliegen sind oft nicht mehr nachvollziehbar. So mit den
letzten Bürgermeistern und mit dem Eintritt in die LPG.
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